Wildenthal (Eibenstock)
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Wildenthal ist ein Ortsteil der Stadt Eibenstock im Landkreis Aue-Schwarzenberg im sächsischen Erzgebirge.
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[Bearbeiten] Geografische Lage
Der staatlich anerkannte Erholungsort liegt im tiefeingekerbten Tal der Großen Bockau am Fuße des 1019 m hohen Auersberges im Naturpark Erzgebirge/Vogtland. Der Ort liegt auf Höhen zwischen 720 und 1019 m ü. NN. Zu Wildenthal gehört auch der an der Staatsstraße nach Johanngeorgenstadt gelegene Ortsteil Oberwildenthal. Im Ort zweigt eine Verbindungsstraße nach Carlsfeld ab.
[Bearbeiten] Geschichte
Wildenthal ist, wie der Eibenstocker Chronist Johann Paul Oettel 1748 meldet, aus rauher Wurtzel, und zwar von dem Herrn Grafen Anarg Friederich, Herrn zu Wildenfelß, und Hauptmann des Voigtländischen Creyßses erbauet, und der Nahme Wildenthal (Weil dieses der jüngste Hammer ist, der in hiesiger Gegend erbauet worden, so wird er noch ietzo der Neue Hammer genennet.) gegeben worden, und giebt doch iezt in der Viehzucht keinem nichts nach, vielmehr ist dieses der beträchtlichste und von einer grossen Anzahl Menschen bewohnte Hammer. Er lieget an der grossen Bockau, und hat die schönsten Eisen-Zechen in der Nähe.
Rund um Wildenthal, vor allem am Auersberg zeugen Pingen, Halden, alte Stollneingänge und die Raithalden der Zinnseifen von alter Erzgewinnung. Im ganzen sollen es ca. 300 Bergwerke am Auersberg gewesen sein. Als ältestes Bergwerk wird die „Bärenzeche" bezeichnet.
Der 10. September 1598 gilt als Gründungsdatum des Ortes. Die Erben des Gründers Anarg Friedrich von Wildenfels verkauften schon 1611 das Werk an Wilhelm Friedrich von Milkau, dem Besitzer des Edelhofes Alberoda bei Aue. Aber auch dieser gab, bald nach Erhalt eines Privilegs den Hammer an den Zehntner Jacob Seeling aus Schneeberg ab. Als Pächter erscheint später der Hammermeister Hieronymus Müller von Berneck, der zeitweise auch den Auerhammer leitete.
1647 verkauften die Gebrüder Helfrich Wildenthal für 3300 Gulden an Michael Gottschaldt. Dieser erbaute einen zweiten Stabhammer und erwirkte am 25. August 1655 ein neues Privileg des Kurfürsten Johann Georg I. von Sachsen. Darin wird auch ein Hochofen, ein Blechhammer und ein Zinnhaus sowie das Schlachten, Brauen, Backen, Schenken gegen Entrichtung der gewöhnlichen Trank- und Fleisch-Pfennigsteuer bewilligt. Damit entstand in Wildenthal wohl das Brauhaus, das lange Zeit neben Drechslers Hotel stand und von dem heute noch ein Keller existieren soll. Übrigens war es derselbe Kurfürst, der beeindruckt von der Schönheit des Berges und seiner herrlichen Rundsicht einen Holzturm auf den Auersberg errichten ließ und Johanngeorgenstadt seinen Namen gab.
Michael Gottschaldt sagte von sich, er habe bis 100 000 Gulden ins Bergwerk gesteckt und in elf Jahren über 7 000 Gulden Amtsabgaben bezahlt. 1656 wird Wildenthal unter den Werken genannt, die Eisen für den Marstall nach Dresden zu liefern haben. 1658 ist es mit Abgaben an das Amt Schwarzenberg rückständig. Viele Akten handeln von Holzschlag und Geleit. Eine Notiz von Magister Christian Lehmann im „Historischen Schauplatz derer natürlichen Merkwürdigkeiten...“ verrät auch den volkstümlichen Spitznamen von Michael Gottschaldt: „Holzmichel, der Hammerherr von Wildenthal, hält seinen Kindern einen Studiosus als Präzeptor." So ist wohl dieser Gottschaldt einer der berühmtesten Wildenthaler – eben „dr Holzmichel“.
In den Händen der Familie Gottschaldt blieb Wildenthal, mit kurzer Unterbrechung um das Jahr 1780, bis nach 1820. Im Jahre 1812 waren 26 Arbeiter hier beschäftigt. 1830 bestand das Werk aus zwei Frischfeuern, einer Zainhütte, einer Blechhütte und wurde von fünf Meistern geleitet. 1835 kamen ein Blechwalzwerk und die erste Nagelfabrik Sachsens dazu.
1836 geht Wildenthal an Herrn von Querfurth auf Schönheiderhammer über. In deren Besitz blieb wohl das Hammerwerk bis zu dessen Niedergang.
1848 schildert Johann Traugott Lindner in seinen „Wanderungen durch die interessantesten Gegenden des Sächsischen Obererzgebirges" den Ort folgendermaßen: Tief, aber immer noch in einer Meereshöhe von 2250 Fuß eingebettet, liegt das Eisenhüttenwerk gleiches Namens in der Umarmung des Auersberges und des Zeisiggesanges. Die große Bockau durchrauscht das Oertchen, dreht das gangbare Zeug in Hütten und Hohofen, sendet von hier aus seinen halben Wasserschatz mittelst des sogenannten Grünergraben für ökonomische Zwecke nach Eibenstock, während die andere Hälfte in seiner engen Wiege über Granitblöcke hinab nach Unterblauenthal in die Mulde strömt [...] Das Herrnhaus in Wildenthal schaut von einer Anhöhe, wie sich's gebührt, überlegen auf eine Schaar ärmlicher Hütten hernieder, zwischen welche sich jedoch seit mehrern Jahren ein freundliches Posthaus, [...] so wie ein restaurirtes Wirthshaus eingeschoben haben. Man sieht es diesen Gebäuden an, daß sie in Privathänden sind. Ueberraschend ist das fiscalische Forsthaus, im italienischen Styl vor ungefähr ein Dutzend Jahren erbaut. (1834)
Weiter schreibt er: Das Oertchen hat seit etwa 20 Jahren an seiner Wildheit gar sehr verloren: es führt eine Chaussee nach Karlsbad hindurch, die in der Badesaison sehr lebendig wird; der Besitzer des Werkes und noch einige andere Einwohner sind theils wisenschaftlich gebildet, theils sonst gut unterrichtet, was zur sittlichen Abrundung der geistesarmen Bevölkerung der Vergangenheit viel beitragen mußte und sich auch jetzt schon dadurch kund giebt, daß man gern aus der Nachbarschaft Parthien dahin macht und sich von der wildromantischen Natur umarmen läßt, Kaffee trinkt und Forellen speis´t.
1860 kam als erster Sommergast der Theologe und spätere Professor für Geografie an der Universität Leipzig, Dr. Otto Delitsch, nach Wildenthal. Seine Aufsätze über das Erzgebirge haben den weiteren Reise- und Wanderverkehr des Erzgebirges wesentlich gefördert. Ihm zu Ehren ist 1907 ein Gedenkstein gegenüber dem im Jahre 2000 abgerissenen Hotel „Am Auersberg“ (zuvor Hotel Drechsler) errichtet worden.
Wildenthal wurde eine der ersten Sommerfrischen des westlichen Erzgebirges. Der wachsende Fremdenverkehr brachte ein völlig anderes Leben in das Dorf. Während zunächst Kurgäste nach oder von Karlsbad ohne Zwisschenstopp durch den Hüttenort reisten, machten die Postkutschen nach Einrichtung einer Nebenposthalterei in Wildenthal ab 1820 hier Halt zum Pferdewechsel. Erschütternde Schilderungen der Reisegäste über bettelnde Wildenthaler Kinder wichen bald den Berichten von den herrlichen Fichtenwäldern und der reinen Gebirgsluft. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts richteten sich viele Wildenthaler zur Aufnahme von Sommer-, später auch Wintergästen ein. Erwähnt seien die zwei stattlichen Gasthäuser - Drechslers Hotel am Auersberg und Gnüchtels Hotel zur Post - heute Hammerschänke, bis 1911 auch die Pension Meichsner im ehemaligen Herrenhaus, das am 10. November 1911 abbrannte. Bis heute erinnern ein noch vorhandener Keller und behauene Granitblöcke im Park an dieses Haus. Viele Häuschen wurden neu erbaut oder erweitert. "Herrlicher Luftkurort und Wintersportplatz", wirbt ein Prospekt aus den 1930er Jahren. Stephan Dietrich, besser als Saafnlob bekannt, schreibt über die Wildenthaler: "Sie sind alle nicht schlecht dran, wie man so sagt, weil sie ihre Häusle schön hergerichtet haben und an Sommer- und Wintergäste vermieten. Manchmal haben sie mehr Sommergäste als sie Einwohner sind."
Im Dezember 1877 unternahmen die Schneeberger Seminaroberlehrer Dr. Köhler und Möckel, der Ratsoberförster Arnold und der Baumeister Görling wieder eine Schlittenfahrt durch das Auersberggebiet. Fasziniert vom Reiz der tiefverschneiten Wälder beschlossen sie bei der Einkehr im Drechslers Gasthof in Wildenthal, für das Erzgebirge einen Heimat- und Wanderverein zu gründen. Am 5. Mai 1878 wurde dann der Erzgebirgsverein in Aue gegründet. Gerade in Wildenthal ist der Erzgebirgsverein sehr rege gewesen und das hing wohl auch mit dem Hausberg, dem Auersberg, zusammen.
Zur Belebung des Fremdenverkehrs hat auch die Wiedereinrichtung des Postkutschenbetriebes durch die Deutsche Reichspost gedient. Sie befuhr Ende der 1930er Jahre ein Teilstück der 1698 eingerichteten Postkutschenverbindung zwischen Leipzig - Schneeberg - Wildenthal - Johanngeorgenstadt - Karlsbad und machte in Wildenthal Station. Die Tagespresse berichtete im August 1938: Das war eine Begeisterung, als die wiedererstandene Postkutsche Anfang dieser Woche ihre erste Probefahrt unternahm, vom Radiumbad Oberschlema in das Auersberggebiet. Die herrliche gelbe Kutsche mit vier Rappen ... . Gemächlich soll man wieder einmal durch das Land fahren ..., wie Weiland der Geheimrat von Goethe ..., die Schönheiten nahe am Rande des Weges und in der Ferne in aller Ruhe genießen ... und Wege soll man fahren, die dem Auto verschlossen sind.
Heute liegt Wildenthal inmitten von Bergwiesen im FFH-Gebiet „Tal der großen Bockau“ am Rande des Europäischen Vogelschutzgebietes „Westerzgebirge“ und bietet zahlreiche Erholungsmöglichkeiten. Zugleich ist es Ausgangspunkt für Fuß- und Skiwanderungen auf den Auersberg, Brückenberg, Schöne Aussicht und Leistnerhübel oder über den an der Kammloipe gelegenen Grenzübergang zwischen Oberwildenthal und Jelení weiter ins Böhmische. Zahlreiche Radfahrer, Fuß- und Skiwanderer nutzen diesen im Volksmund als "Eisernes Tor" bezeichneten Grenzübergang für interessante Ausflüge.
[Bearbeiten] Legenden
Mit der Gruft auf dem Friedhof Wildenthal stehen mehrere Legenden in Zusammenhang.
Der Überlieferung nach soll der Gesandte Alexander Wiesner, der auf dem Weg nach Karlsbad war, hier tödlich vom Pferd gestürzt und mit seinem Pferd beigesetzt worden sein.
Das Totenregister des Pfarramtes von Eibenstock sagt dazu aus:
- gestorben am 16. September 1871, 43 Jahre, 7 Monde, 22 Tage, Edler Karl Thorso von Querfurth, bestattet am 20. September in Wildenthal.
- Alexander Wiesner gestorben 24. Februar 1879, bestattet am 27. Februar 1879. Bruder der Frau des Edlen von Querfurth.
Der mittlere Sohn der Charlotte von Stein - Geliebte von Johann Wolfgang von Goethe - sei hier bestattet. Ernst von Stein war Mitglied des Hofes in Weimar und soll während einer Reise nach Karlsbad hier verstorben sein. Seine Überreste befinden sich möglicherweise in der Gruft des letzten Hammerherrn zu Wildenthal Arbat Edler von Querfurth. Stein ist 1787 beim Ritt zum unteren Hammerwerk (später Holzschleiferei, dann Ferienlager Trebsen) verunglückt. Als sein Pferd durch Sonnenspiegelung eines plötzlich durch Luftzug aufschlagenden Fensters scheute, stürzte er tödlich. So die mündliche Überlieferung.
Tatsächlich verstarb Ernst von Stein in der Nacht zum 14. Juni 1787 während seiner Reise nach Karlsbad im Herrenhaus (am 10. Januar 1911 abgebrannt) in Wildenthal. Er wurde von Christian Gottlieb Gottschaldt, einem Nachfahren des Holzmichels, jedoch in der Familiengruft der Gottschaldts in Eibenstock beigesetzt. Charlotte schrieb am 27. Juni 1787: „Ein Traum, den ich vor mehr als 17 Jahren hatte, ist mir in Wildenthal, wo Ernst starb, eingetroffen."
Eine "traumhafte" Liebesnacht erlebte hier auch J. W. v. Goethe während einer seiner zahlreichen Fahrten nach Karlsbad. Ein Schaden an der Kutsche nötigte ihn zur Einkehr im damaligen Wildenthaler Gasthaus. Die hübsche Nichte des Wirtes hatte es ihm gleich angetan und so nahm alles seinen Lauf – doch anders als gedacht. In seinem erotischen Gedicht „Das Tagebuch" (1810) – damals stand es „auf dem Index“ – schildert er ein amouröses Abenteuer mit der jungen Wildenthalerin, bei der er nicht zum Ziel kam; aber es lag nicht an ihr: „Verfluchter Knecht, wie unerwecklich liegst du! Und deinen Herrn ums schönste Glück betriegst du..."
[Bearbeiten] Kultur und Sehenswürdigkeiten
- Auersberg (1019m) mit steinernem Aussichtsturm aus dem Jahr 1869 und dem Unterkunftshaus von 1907, 1992 - 94 stilgetreu restauriert
- Heimatstuben im Saafnlob-Haus
- Denkmal für Dr. O. Delitsch im Park (Theologe und Professor für Geografie an der Uni Leipzig und Förderer des Fremdenverkehrs im Westerzgebirge im 19. Jh.
- Wettin - Gedenkstein am Badrundweg
- Lindenau - Gedenkstein auf dem Auersberg
- Königlich-sächsische Ganzmeilensteine in Wildenthal am Park und in Oberwildenthal vor dem alten Hirschenstander Pass nach Karlsbad in Böhmen
- NSG "Tal der Großen Bockau"
- LSG "Auersberg"
[Bearbeiten] Regelmäßige Veranstaltungen
- Jan./Feb. - Fackelwanderungen und Wintersportfeste
- 30. April - Hexenfeuer
- 1. Juni - Kinderfest
- 2. Wochenende im August - Hammerfest (Volksfest) auf dem Festplatz im Park seit 1950
- 2. Oktober - Oktoberfeuer
- Dezember - Weihnachten im Erzgebirg`
- 31. Dezember - Silvesterparty im Saafnlob- Haus
- monatlich geführte Wanderungen und Hutzenobende
[Bearbeiten] Sport
[Bearbeiten] Sommer
- gut markiertes Wanderwegenetz mit unmittelbarem Anschluss an den Europäischen Fernwanderweg E3 und den Kammweg
- Wassertretbecken
- Bolzplatz
- Spielplatz
[Bearbeiten] Winter
- Ski- und Rodelhang
- örtliche Loipen und Skiwanderwege mit Anschluss an die Kammloipe
- Winterwanderwege
- Ski- und Rodelausleihen
[Bearbeiten] Weblinks
Koordinaten: 50° 27' 3" N, 12° 37' 52" O