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Wolfram von Eschenbach - Wikipedia

Wolfram von Eschenbach

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wolfram von Eschenbach (Lebensdaten sind rein spekulativ: * um 1160/80; † um/nach 1220) war ein deutscher Dichter. Die mittelhochdeutsche Literatur verdankt ihm mehrere epische Werke. Ebenso verfasste er als Minnesänger lyrische Dichtungen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Leben

Wolfram von Eschenbach; Autorbild als Ritter im Codex Manesse
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Wolfram von Eschenbach; Autorbild als Ritter im Codex Manesse

Was wir über Wolframs Leben zu wissen meinen, ist aus Hinweisen in seinen eigenen Dichtungen und aus Äußerungen zeitgenössischer Autoren erschlossen. Aus seinem Namen lässt sich ableiten, dass er oder seine Familie aus einem Ort namens Eschenbach herstammte. Geographische Anspielungen in seinem Werk legen nahe, dass es sich um Obereschenbach bei Ansbach (heute Wolframs-Eschenbach) handelt. Es ist bekannt, dass er in seinem Leben an zahlreichen Höfen Dienst tat. Vermutlich stand er zeitweise in Verbindung mit den Grafen von Wertheim und den Edelherren von Dürn - Letzteren gehörte die Burg Wildenberg im Odenwald, auf der Wolfram einen Teil seines »Parzival« verfasst haben soll. Noch während der Arbeit an dem Werk ist er offenbar in den Dienst des Landgrafen Hermann I. von Thüringen (1190-1217) getreten, des bedeutendsten Förderers der deutschen Literatur seiner Zeit.

Umstritten ist, über welche Bildung er verfügte. Er gibt sich programmatisch als Verächter des gelehrten Buchwissens, als Illiteraten. Man hat aus seinen Äußerungen herausgelesen, dass er tatsächlich Analphabet war. Wahrscheinlicher ist aber, dass die betreffenden Aussagen der Konstruktion einer spezifischen Autor-Rolle dienen: der Rolle des Laiendichters, dessen Wertschätzung man als Ausdruck des wachsenden Selbstbewußtseins der höfischen Laiengesellschaft verstehen kann, für die Wolfram tätig war. Unbestreitbar ist jedenfalls, dass er über umfassende Kenntnisse aus der lateinischen Bildungstradition verfügte. Sein Werk ist durchsetzt mit sachkundig behandeltem Wissensstoff aus allen Bereichen (Naturkunde, Geographie, Medizin, Astronomie) und mit theologischen Reflexionen. Ausgedehnt sind offenbar auch seine Kenntnisse der zeitgenössischen französischen Sprache und Literatur gewesen.

[Bearbeiten] Werk

Heute gilt der Parzival als Wolframs berühmtestes Werk, häufig stuft man es als das wichtigste Epos dieser Zeit überhaupt ein. Es ist das erste in deutscher Sprache erhaltene Werk, dessen Motiv der heilige Gral bildet. Geschildert wird die Geschichte zweier Helden: Einerseits Parzivals Leben von seiner Kindheit über die Zeit als Artusritter bis zum Gralskönigtum, andererseits Gawans Geschichte, die das Gefüge des Artuskreises nicht übersteigt. Als Forschungsthese wird häufig angenommen, dass der Parzival die Immanenz der höfischen Gesellschaft durch die Projektion auf eine universale Ebene aufbrechen soll.

Es ist sehr wahrscheinlich, dass Wolfram bei der Abfassung des Parzival das Werk Perceval von Chrétien de Troyes benutzt hat, sein Werk ist eine (teilweise) sehr freie Bearbeitung des Perceval. Chrétiens Werk ist allerdings Fragment geblieben, es bricht in der Gawan-Handlung ab. Für das Ende von Wolframs Werk (also das Ende der Gawan-Handlung, Parzivals orientalischen Bruder und seine Berufung zum Gralskönig) und auch für den Beginn (die Geschichte der Eltern Parzivals) ist keine Quelle nachweisbar, so dass allgemein Wolfram als direkter Urheber dieser Teile angesehen wird. Wolfram schreibt im Parzival jedoch, dass er Chrétiens Darstellung - die er offenbar kannte - für falsch halte und behauptet, dass er eine andere Quelle benutzt habe, einen provenzalischen Dichter namens Kyot. Über Kyot ist allerdings sonst nichts bekannt. In neuerer Zeit hat sich in der Forschung die (größtenteils akzeptierte) Auffassung durchgesetzt, dass diese Quelle und deren Autor niemals existiert habe, sondern sie eine Fiktion Wolframs sei.

In der Reimpaarerzählung Willehalm erzählt Wolfram die Geschichte Wilhelms des Heiligen, die ebenso Züge des höfischen Romans wie der heldenepischen Chanson de Geste hat und durch die Betonung des Reichsgedankens und der Auseinandersetzung zwischen Christen und Heiden endzeitliche Züge erhält. Das Werk beruht auf einem provenzalischen Legendenstoff, der von Wolfram frei bearbeitet wurde.

Das strophische Titurel-Fragment erzählt, als eine "Abzweigung" des Parzival, Szenen aus der tragischen Liebesgeschichte von Sigune und Schionatulander.

Weiterhin verfasste Wolfram neun Minnelieder; davon bilden die fünf Tagelieder den Höhepunkt dieser literarischen Gattung.

Wolframs Sprache unterscheidet sich vom Stil Hartmanns von Aue. Sie ist bildhaft, reich an Ironie und Pointen, wobei seine Syntax gedrängt und sperrig erscheint. Den von seinen Vorgängern entwickelten Erzählstil baut er aus. Typisch für ihn ist das sogenannte "hakenschlagende Erzählen" sowie die Technik der Hybridisierung.

Wolfram war der wirkungsreichste deutschsprachige Dichter des Mittelalters. Wolframs Titurel-Fragment hatte eine enorme Nachwirkung im späten Mittelalter: Die dafür erfundene Strophenform (die sog. Titurelstrophe) wurde von vielen Dichtern adaptiert. Das Fragment selber wurde in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts von einem Dichter namens Albrecht zu einem Riesenroman erweitert. Dieser Jüngere Titurel galt im Spätmittelalter als Wolframs eigenes Werk und begründete seinen Ruhm als bedeutendster aller Ritterdichter. Der 'Parzival' ist der einzige Reimpaar-Roman, der noch nach 1470 im Buchdruck mehrere Auflagen erlebte. Der Stoff des Parzival bot Richard Wagner die Hauptquelle für die Schaffung des Librettos seiner Oper Parsifal. Wolfram selbst tritt als Figur in der Wagneroper Tannhäuser auf.

Die Literaturwissenschaft des 19./20. Jahrhunderts befasste sich sehr intensiv mit Wolfram, wobei sie ihn allerdings zeitweise nationalistisch überhöhte und gegen den angeblich "welschen" Gottfried von Straßburg auszuspielen suchte.

Siehe auch: Codex Manesse und Wolframslinde

[Bearbeiten] Werke

  • Wolframs von Eschenbach Parzival und Titurel, herausgegeben von Karl Bartsch, (=Deutsche Klassiker des Mittelalters, Band 19), Leipzig 1935 (Nur mittelhochdeutscher Text ohne Übersetzung. Aber immer noch brauchbare Ausgabe, da mit vielen hilfreichen Anmerkungen zur Übersetzung versehen)
  • Wolfram von Eschenbach, Parzival, Mittelhochdeutsch und Neuhochdeutsch, nach der Ausgabe von Karl Lachmann, übersetzt von Wolfgang Spiewok, Band 1 und 2, (Reclams Universalbibliothek Band 3681 und 3682), Stuttgart 1981 ISBN 3-15-003681-X
  • Wolfram von Eschenbach, Parzival, übersetzt von Dieter Kühn, 1994 ISBN 3-596-13336-X (sehr gute Übersetzung ins Neuhochdeutsche)

puella bella - zwei Wolfram-Minnelieder im Netz:

  • Den morgenblic bî wahtaeres sange erkôs (L 3,1)
  • Guot wîp, ich bitte dich minne (L 9,1)

[Bearbeiten] Kommentierte Ausgaben

  • Wolfram von Eschenbach, Parzival, Nach der Ausgabe Karl Lachmanns revidiert und kommentiert von Eberhard Nellmann. Übertragen von Dieter Kühn. Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 1994, Bibliothek deutscher Klassiker, Bibliothek des Mittelalters (Originaltext, Neuübertragung und ausführlicher Kommentar in 2 Bänden)
  • Wolfram von Eschenbach, Willehalm, Nach der Handschrift 857 der Stiftsbibliothek St. Gallen, herausgegeben von Joachim Heinzle, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt am Main, 1991, Bibliothek deutscher Klassiker, Bibliothek des Mittelalters (Originaltext, Neuübertragung und ausführlicher Kommentar)

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Übergreifendes, Einführungen, Sammelbände

  • Brunner Horst, Wolfram von Eschenbach; (Bd. 2 in der Reihe "Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken"), ISBN 3-924270-39-2, Gunzenhausen 2004
  • Joachim Bumke, Wolfram von Eschenbach; (=Sammlung Metzler 36); 8. vollständig neu bearb. Aufl., Stuttgart 2004 (ISBN 3-476-18036-0)
  • Karl Bertau, Deutsche Literatur im europäischen Mittelalter; Bd. 2, München 1973
  • ders., Wolfram von Eschenbach; München 1983
  • ders., Über Literaturgeschichte, Höfische Epik um 1200; München 1983, 42-116
  • Werner Greub, Wolfram von Eschenbach und die Wirklichkeit des Grals, o.O. 1996 (entgegen dem Titel eine philologische Arbeit, die sich nicht allein auf den Parzival, sondern auch und vor allem auf den Willehalm stützt)
  • Walter Haug, Literaturtheorie im deutschen Mittelalter; Darmstadt 1985, 151-190
  • Christian Kiening, Wolfram von Eschenbach; Artikel in: Killy 12, 413-419
  • Henry Kratz, Wolfram von Eschenbach's Parzival. An Attempt at a total Evaluation. Bern 1973.
  • Wolfgang Mohr, Wolfram von Eschenbach. Aufsätze; Göppingen 1979
  • Hermann Reichert, Wolfram von Eschenbach, Parzival, für Anfänger; Wien 2002 (Edition Praesens)
  • Kurt Ruh, Höfische Epik des deutschen Mittelalters; Tl. 2, München 1980
  • Heinz Rupp (Hg.), Wolfram von Eschenbach; Darmstadt 1966
  • W. Schröder, Wolfram von Eschenbach. Spuren und Werke. Wirkungen; 2 Bde., Stuttgart 1989f.
  • Peter Wieners 'Das Gottes- und Menschenbild Wolframs im 'Parzival' ' Bonn 1973

[Bearbeiten] Biographisches

  • Albert Schreiber, Neue Bausteine zu einer Biographie Wolframs von Eschenbach; Frankfurt a.M. 1922
  • Uwe Meves, Die Herren von Durne; in: Friedrich Oswald und Wilhelm Störmer (Hg.), Die Abtei Amorbach im Odenwald, Sigmaringen 1984, 113-143
  • Hugo Steger, Abenberc und Wildenberc; in: ZfdPh 105 (1986), 1-41
  • Horst Brunner, Wolfram von Eschenbach. Auf den Spuren der Dichter und Denker durch Franken. Gunzenhausen 2004.

[Bearbeiten] Rezeptionsgeschichte

  • Erich Kleinschmidt, Literarische Rezeption und Geschichte. Zur Wirkungsgeschichte von Wolframs ›Willehalm‹; in: DVjs 48 (1974), 585-649
  • Hedda Ragotzky, Studien zur Wolfram-Rezeption; Stuttgart u.a. 1971
  • Bernd Schirok, Parzival-Rezeption im Mittelalter; Darmstadt 1982


Siehe auch: Wolfram-von-Eschenbach-Preis

[Bearbeiten] Weblinks

Wikisource: Wolfram von Eschenbach – Quellentexte

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