Zivilprozessordnung

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Zivilprozessordnung (abgekürzt ZPO) ist in Deutschland und Österreich sowie in einigen Kantonen der Schweiz der Name des Gesetzes, welches das gerichtliche Verfahren in Zivilprozessen regelt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Deutschland

Basisdaten
Titel: Zivilprozessordnung
Abkürzung: ZPO
Art: Bundesgesetz
Geltungsbereich: Bundesrepublik Deutschland
Rechtsmaterie: Gerichtsverfahren, Zivilrecht
FNA: 310-4
Ursprüngliche Fassung vom: 30. Januar 1877 (RGBl. S. 83)
Inkrafttreten am: 1. Oktober 1879
Neubekanntmachung vom: 9. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202)
Letzte Änderung durch: Art. 50 Gesetz vom 19. April 2006
(BGBl. I 2006, S. 862, 875)
Inkrafttreten der
letzten Änderung: 1)
25. April 2006
(Art. 210 Gesetz vom 19. April 2006)
1) Bitte beachten Sie den Hinweis zur geltenden Gesetzesfassung!

Die deutsche Zivilprozessordnung (ZPO) trat als Gesetz am 1. Oktober 1879 als Teil der Reichsjustizgesetze in Kraft. Sie umfasst grundsätzlich alle für die Fragen des Zivilprozesses relevanten Vorschriften. Nur wenige sind in anderen Gesetzen geregelt. Daneben sind für die Zuständigkeit und den inneren Aufbau der Gerichte das Gerichtsverfassungsgesetz und für die Vollstreckung von Gerichtsentscheidungen das Zwangsversteigerungsgesetz zu nennen. Für die freiwillige Gerichtsbarkeit gelten die Vorschriften der ZPO nur, wenn die Vorschriften des FGG dies vorschreiben oder nichts weiter vorsehen. Die ZPO kommt daher vor allem bei den bürgerlich-rechtlichen Rechtsstreitigkeiten zum Zuge. Als „Mutter aller Prozessordnungen“ wird jedoch in Vorschriften zu den Verfahren in anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit häufig auf Teile der ZPO verwiesen, so beispielsweise im Arbeitsgerichtsgesetz und in der Verwaltungsgerichtsordnung.

Über die wesentlichen Prozessmaximen erscheint in der ZPO nur wenig. Wichtigste Verfahrensarten sind das Erkenntnisverfahren, das Mahnverfahren und das schiedsrichterliche Verfahren. Das Zivilprozessrecht sieht in der ZPO die Leistungsklage, die Feststellungsklage, die Zwischenfeststellungsklage und die Gestaltungsklage vor.

Das Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) enthält neben einigen Randvorschriften vor allem Übergangsvorschriften, die insbesondere durch das Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 und die Euro-Umstellung bedingt waren.

[Bearbeiten] Inhalt

Aus der Inhaltsübersicht der ZPO ergibt sich folgende Aufstellung:
Buch 1 - Allgemeine Vorschriften

  1. Gerichte
  2. Parteien
  3. Verfahren

Buch 2 - Verfahren im ersten Rechtszug

  1. Verfahren vor den Landgerichten
  2. Verfahren vor den Amtsgerichten

Buch 3 - Rechtsmittel

  1. Berufung
  2. Revision
  3. Beschwerde

Buch 4 - Wiederaufnahme des Verfahrens
Buch 5 - Urkunden- und Wechselprozess
Buch 6 - Verfahren in Familiensachen

  1. Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Ehesachen
  2. Allgemeine Vorschriften für Verfahren in Familiensachen
  3. Verfahren in Scheidungs- und Folgesachen
  4. Verfahren auf Aufhebung und auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der Ehe
  5. Verfahren in Kindschaftssachen
  6. Verfahren über den Unterhalt
  7. Verfahren in Lebenspartnerschaftssachen

Buch 7 - Mahnverfahren
Buch 8 - Zwangsvollstreckung

  1. Allgemeine Vorschriften
  2. Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen
  3. Zwangsvollstreckung zur Erwirkung der Herausgabe von Sachen und zur Erwirkung von Handlungen oder Unterlassungen
  4. Eidesstattliche Versicherung und Haft
  5. Arrest und einstweilige Verfügung

Buch 9 - Aufgebotsverfahren
Buch 10 - Schiedrichterliches Verfahren

  1. Allgemeine Vorschriften
  2. Schiedsvereinbarung
  3. Bildung des Schiedsgerichts
  4. Zuständigkeit des Schiedsgerichts
  5. Durchführung des schiedsrichterlichen Verfahrens
  6. Schiedsspruch und Beendigung des Verfahrens
  7. Rechtsbehelf gegen den Schiedsspruch
  8. Voraussetzungen der Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen
  9. Gerichtliches Verfahren
  10. Außervertragliche Schiedsgerichte

Buch 11 - Justizielle Zusammenarbeit in der Europäischen Union

  1. Zustellung nach der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000
  2. Beweisaufnahme nach der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001
  3. Prozesskostenhilfe nach der Richtlinie 2003/8/EG
  4. Europäische Vollstreckungstitel nach der Verordnung (EG) Nr. 805/2004

[Bearbeiten] Österreich

Basisdaten
Kurztitel: Zivilprozessordnung
Voller Titel: Gesetz vom 1. August 1895 über
das gerichtliche Verfahren
in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten
(Zivilprozessordnung)
Typ: Bundesgesetz
Rechtsmaterie: Zivilrecht
Gültigkeitsbereich: Republik Österreich
Abkürzung: ZPO
Datum des Gesetzes: 1. August 1895 (RGBl. 113/1895)

Die Zivilprozessordnung trat am 1. Januar 1898 in Kraft und wurde seither über 75 Mal novelliert. Übergangsbestimmungen, aber auch Bestimmungen für Börsenschiedsgerichte enthielt das gleichzeitig erlassene und in Kraft getretene Gesetz vom 1. August 1895 betreffend die Einführung des Gesetzes über das gerichtliche Verfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten (Zivilprozessordnung), RGBl. 112/1895 (kurz Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung bzw. EGZPO). Auch nach dem Anschluss Österreichs an das Deutsche Reich blieb in den ehemals österreichischen Gebieten die ZPO in Geltung.

Die Bestimmungen der Zivilprozessordnung sind grundsätzlich auch im Verfahren über Arbeits- und Sozialrechtssachen anzuwenden, so weit nicht im Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz etwas anderes angeordnet wird.

Da das am 1. Januar 2005 in Kraft getretene neue Außerstreitgesetz eine umfassende eigene, den Bedürfnissen des Außerstreitverfahrens angepasste Regelung des Verfahrens enthält, sind im Verfahren außer Streitsachen die Bestimmungen der Zivilprozessordnung nicht schlechthin sinngemäß anzuwenden, sondern nur dort und in dem Umfang, in dem es das Außerstreitgesetz ausdrücklich anordnet, z.B. die Bestimmungen über die Prozessfähigkeit, subsidiär über Bevollmächtigten, über die Anleitungs- und Belehrungspflicht des Richters, die die Aufnahme von Beweisen, die Berichtigung und Ergänzung von Beschlüssen, über Protokolle, Akten, Sitzungspolizei, Beleidigungen in Schriftsätzen, Strafen, über Fristen u.a.m.

[Bearbeiten] Inhalt

Die Zivilprozessordnung regelt die Partei- und Prozessfähigkeit, die Stellung der Prozessparteien sowie Aufgaben und Befugnisse des Richters, die Grundsätze für Schriftsätze, Fristen und Tagsatzungen und Folgen der Säumnis, die allgemeinen Verfahrensgrundsätze, den Gang der Verhandlung vom der Klage bis zum Urteil sowie die Bestimmungen über Urteile und Beschlüsse, das Rechtsmittelverfahren sowie besondere Verfahrensarten.

Nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 1. August 1895 über die Ausübung der Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte in bürgerlichen Rechtssachen (Jurisdiktionsnorm), RGBl. 111/1895, geregelt ist die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Gerichte in Zivilrechtssachen einschließlich des Instanzenzugs im Rechtsmittelverfahren sowie die Besetzung der Gerichte je nach Zuständigkeit (Einzelrichter - Senat, siehe Gerichtsorganisation in Österreich).

Auch die Zwangsvollstreckung ist nicht in der Zivilprozessordnung, sondern im Gesetz vom 27. Mai 1896 über das Exekutions- und Sicherungvserfahren (Exekutionsordnung), RGBl. 79/1896, geregelt.

[Bearbeiten] Gliederung

  • Erster Teil. Allgemeine Bestimmungen
    • Erster Abschnitt. Parteien
      1. Prozessfähigkeit
      2. Streitgenossenschaft und Hauptintervention
      3. Beteiligung Dritter am Rechtsstreit
      4. Bevollmächtigte
      5. Prozesskosten
      6. Sicherheitsleistung für Prozesskosten
      7. Verfahrenshilfe.
    • Zweiter Abschnitt. Verfahren
      1. Schriftsätze
      2. Zustellungen
      3. Fristen und Tagsatzungen
      4. Folgen der Versäumung, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
      5. Unterbrechung und das Ruhen des Verfahrens.
    • Dritter Abschnitt. Mündliche Verhandlung
      1. Öffentlichkeit
      2. Vorträge der Parteien und Prozessleitung
      3. Sitzungspolizei
      4. Vergleiche
      5. Protokolle
      6. Akten
      7. Strafen
      8. Sonntagsruhe und verhandlungsfreie Zeit.
  • Zweiter Teil. Verfahren vor den Gerichtshöfen erster Instanz
    • Erster Abschnitt. Verfahren bis zum Urteil
      1. Klage, Klagebeantwortung, vorbereitendes Verfahren und Streitverhandlung
      2. Allgemeine Bestimmungen über den Beweis und die Beweisaufnahme
      3. Beweis durch Urkunden
      4. Beweis durch Zeugen
      5. Beweis durch Sachverständige
      6. Beweis durch Augenschein
      7. Beweis durch Vernehmung der Parteien
      8. Sicherung von Beweisen.
    • Zweiter Abschnitt. Urteile und Beschlüsse
      1. Urteile
      2. Beschlüsse
  • Dritter Teil. Verfahren vor den Bezirksgerichten
  • Fünfter Teil. Nichtigkeits- und Wiederaufnahmsklage
  • Sechster Teil. Besondere Arten des Verfahrens
    • Erster Abschnitt. Mandatsverfahren
    • Zweiter Abschnitt. Verfahren in Wechselstreitigkeiten
    • Dritter Abschnitt. Verfahren bei Streitigkeiten aus dem Bestandvertrag
    • Vierter Abschnitt. Schiedsverfahren

[Bearbeiten] Europa

Das Zivilprozessrecht ist traditionell autonomes (nationales) Recht.

Jedoch spielt das wegen der zunehmenden wirtschaftlichen Vernetzung aufgrund der Rechtsgrundlage der Art. 61 lit. c) iVm Art. 65 EGV ergangene europäische Sekundärrecht der EG (vgl. Europäisches Recht) im Gebiet der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen eine immer erheblichere Rolle. So sind u.a. folgende Verordnungen im Bereich des Zivilprozessrechts ergangen:

  • EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (auch EuGVO, EuGVVO und Brüssel-I-Verordnung genannt)
Weblink zu dieser Verordnung
  • EG-Verordnung Nr. 2201/2003 vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung (auch EheVO-II und Brüssel-IIa-Verordnung genannt, ersetzt die EG-Verordnung Nr. 1347/2000)
Weblink zu dieser Verordnung
  • EG-Verordnung Nr. 1348/2000 vom 29. Mai 2000 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücken in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedsstaaten (auch EuZVO genannt)
Weblink zu dieser Verordnung

[Bearbeiten] Literatur

  • Adolf Baumbach, Wolfgang Lauterbach et al.: Zivilprozessordnung. 64. Auflage. München: C. H. Beck 2006, ISBN 3406538363
  • Jan Kropholler: Europäisches Zivilprozessrecht - Kommentar zu EuGVO, Lugano-Übereinkommen und Europäischem Vollstreckungstitel, 8. Aufl. 2005, Frankfurt am Main: Verlag Recht und Wirtschaft ISBN 3800514230
  • Hans-Joachim Musielak: Zivilprozessordnung. 4. Auflage. München: Vahlen 2005, ISBN 3800630524
  • Thomas Rauscher: Europäisches Zivilprozeßrecht, Sellier European Law Publisher 2004, ISBN 3935808089
  • Heinz Thomas, Hans Putzo: Zivilprozessordnung. 27. Auflage. München: C. H. Beck 2005, ISBN 3406538274
  • Richard Zöller: Zivilprozessordnung 26. Auflage. Köln: Verlag Dr. Otto Schmidt 2006, ISBN 3504470151

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

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