Dschihad
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Artikel Dschihad und Geschichte des Begriffs Dschihad überschneiden sich thematisch. Hilf mit, die Artikel besser voneinander abzugrenzen oder zu vereinigen. Die Diskussion über diese Überschneidungen findet hier statt. Bitte äußere dich dort, bevor du den Baustein entfernst. 790 01:19, 7. Nov. 2006 (CET) |
Dschihad (arabisch: جهاد dschihād, von جاهد dschāhada, „sich bemühen, sich anstrengen, kämpfen“; auch „Djihad“) ist eine Verkürzung von al-dschihādu fī sabīl illāh / الجهاد في سبيل الله , wörtlich: „das Bemühen auf dem Wege Gottes“. Dschihad ist ein wichtiges Glaubensprinzip im Islam. Seine Bedeutung im Islam ist so groß, dass zeitweise diskutiert wurde, ob der Dschihad als sechste „Säule des Islam“ gerechnet werden sollte.
Inhaltsverzeichnis |
Arten des Dschihad
Dschihad umfasst die Anstrengungen oder Bemühen auf dem Weg Gottes zur Umsetzung und Ausbreitung des Glaubens an Allah und die Wahrheiten der Botschaft des Qur'ān. Die meisten islamischen Glaubensrichtungen unterscheiden beim Dschihad zwei Bedeutungen:
Der „größte Dschihad“ (al-dschihād al-akbar) ist der Kampf gegen das niedere Selbst, die Seele, die zum Bösen verführt, die Schwächen und Fehler, von denen niemand gerne spricht (an-nafs al-ammara). Er wird u. a. vollzogen durch das fünfmalige tägliche Gebet (Salat), das Streben nach Wissen und moralischer Vervollkommnung und das Tun guter Werke. Insbesondere im Sufismus kommt dieser Form des Dschihad besondere Bedeutung zu.
Der „kleine“ oder „äußere Dschihad“ (dschihād saghīr) besteht in der Ausbreitung und Verteidigung des Islam, notfalls auch mit Waffengewalt. Er ist die einzig zulässige Form des Kriegs im islamischen Recht.
Der kleine Dschihad ist eine religiöse Pflicht (fard), die nicht dem einzelnen Muslim (fard al-ʿain) auferlegt ist, sondern der islamischen Gemeinschaft als ganzes (fard al-kifāya, „Pflicht des Genügeleistens“), die dafür Sorge tragen muss, dass eine ausreichende Zahl von mudschāhidūn bereit steht. Oft wird versucht den offensiven Dschihad mit den Koranversen 9:5 und 9:29 zu legitimieren, bzw. der islamischen Glaubenslehre das Erlauben der Tötung sämtlicher Nicht-Muslime zu unterstellen:
„5 Und wenn nun die heiligen Monate abgelaufen sind, dann tötet die Heiden, wo (immer) ihr sie findet, greift sie, umzingelt sie und lauert ihnen überall auf! Wenn sie sich aber bekehren, das Gebet verrichten und die Almosensteuer geben, dann lasst sie ihres Weges ziehen!“
– Paret
„29 Kämpft gegen diejenigen, die nicht an Gott und den jüngsten Tag glauben und nicht verbieten (oder: für verboten erklären), was Gott und sein Gesandter verboten haben, und nicht der der wahren Religion angehören – von denen, die die Schrift erhalten haben – (kämpft gegen sie), bis sie kleinlaut aus der Hand (?) Tribut entrichten!“
– Paret
In Anbetracht der Tatsache jedoch, dass jeder Koranvers nach islamischer Glaubenslehre zwar für die Ewigkeit geltend, jedoch mit einem Bezug zu einer bestimmten Situation offenbart wurde, wie auch die 9. Sure (Sura At-Tauba), ist diese Argumentationsweise nicht vertretbar, da die Sure At-Tauba als Reaktion auf den Bruch des Friedensvertrages der Mekkaner mit Muhammad und seinen Anhängern offenbart wurde und nur diejenigen unter den Mekkanern, welche an diesem Bruch beteiligt waren, betrifft, wie die Koranverse 9:1 und 9:4 belegen:
„1 Eine Aufkündigung (des bisherigen Rechtsverhältnisses und Friedenszustandes) von seiten Allahs und seines Gesandten (gerichtet) an diejenigen von den Heiden, mit denen ihr eine bindende Abmachung eingegangen habt. “
– Paret
„4 Ausgenommen diejenigen von den Heiden, mit denen ihr eine bindende Abmachung eingegangen habt, und die euch hierauf in nichts (von euren vertraglichen Rechten) haben zu kurz kommen lassen und niemanden gegen euch unterstützt haben. Ihnen gegenüber müßt ihr die mit ihnen getroffene Abmachung vollständig einhalten, bis die ihnen zugestandene Frist abgelaufen ist. Allah liebt die, die (ihn) fürchten. “
– Paret
Der Kampf des Mystikers um Gotteserkenntnis wird ebenso als Dschihad verstanden wie die Missionstätigkeit eines Predigers (Dawa). Der Dschihad kann aber auch weltlich verstanden werden, so wurde in Tunesien der Kampf gegen das Analphabetentum als Dschihad deklariert.
Manche muslimischen Theologen sprechen auch von fünf Arten des Dschihad: dem der Seele (dschihad bi-n-nafs), dem der Zunge (dschihad bil lisan), dem der Feder bzw. des Wissens (dschihad bil qalam/ilm) und dem Dschihad des Schwerts (dschihad bis-sayf).
Legitimation des Terrors mit dem Dschihad-Konzept
Bei vielen Terroranschlägen der jüngsten Vergangenheit rechtfertigten die Attentäter ihr Handeln mit „dem Dschihad“. Mehrere islamistische Organisationen führen das Wort Dschihad in ihrem Namen, wie zum Beispiel Islamischer Dschihad, der ägyptische Islamische Dschihad sowie der palästinensische Islamische Dschihad. Diese Gruppierungen mobilisieren viele Anhänger durch breit angelegte Sozialarbeit. Sie rechtfertigen ihre militärische Auslegung des Begriffs Dschihad auch aus dem islamischen Glauben heraus.
Selbstmordattentäter werden dabei als Schahīd (ein Märtyrertitel) bezeichnet; sie gelten als heilige Märtyrer, denen ein Platz im Paradies sicher ist (siehe dazu: Islamistischer Terrorismus). An sich gilt Suizid im Islam als „Selbstmord“ und damit als Sünde, die im Jenseits mit der endlosen Wiederholung des Moments des Todes bestraft wird.
Siehe auch
Literatur
- David Cook: Understanding Jihad. University of California Press, Berkeley 2005, ISBN 0-520-24448-6
- Robert Spencer: The Politically Incorrect Guide to Islam (And the Crusades). Regnery Publishing, August 2005, ISBN 0-89526-013-1
- Andrew G. Bostom: The Legacy of Jihad: Islamic Holy War and the Fate of Non-Muslims. Prometheus Books, Oktober 2005, ISBN 1-59102-307-6
- Jürgen Elsässer: Wie der Dschihad nach Europa kam. Gotteskrieger und Geheimdienste auf dem Balkan. 1. Auflage. Np Buchverlag, März 2005, ISBN 3-85326-376-3
- Gilles Kepel: Das Schwarzbuch des Dschihad. Aufstieg und Niedergang des Islamismus. 1. Auflage. Piper, München 2004, ISBN 3-49224-248-0
- Egün Capan: Terror und Selbstmordattentate aus islamischer Perspektive. INID, Mai 2005, ISBN 3-93552-110-3
- Albrecht Noth: Glaubenskriege des Islam im Mittelalter. In: Herrmann (Hrsg.): Glaubenskriege in Vergangenheit und Gegenwart. Göttingen, 1996
- Hans-Peter Raddatz: Von Allah zum Terror? Der Djihad und die Deformierung des Westens. Herbig, München 2002, ISBN 3-7766-2289-X
- Bassam Tibi: Kreuzzug und Djihad. Der Islam und die christliche Welt. Goldmann, München 2001
Weblinks
- INID Institut für Information über Islam und Dialog e. V. – Stellt den Dschihad aus Sicht des Sufismus dar. Zu beachten ist, dass der dort zitierte Hadith (Kaschful-khafa, 1, 424), der zentral für die Theorie vom „großen“ Dschihad ist, in den kanonischen Hadithsammlungen (al-kutub as-sitta) nicht vorkommt, aus Sicht der islamischen Rechtswissenschaft also nicht authentisch ist.
- Seyyed Hossein Nasr: The Spiritual Significance of Jihad (engl.)
- Jessica Stern: Jihad - a global fad. In: Boston Globe. 1. August 2006 (Stern ist Autorin des Buches Terror in the Name of God: Why Religious Militants Kill)
- Hilft Deutsch predigen gegen Terror? - Der Mord an Theo van Gogh betritt die deutsche Politikbühne Ein in Anlehnung an den Stiel van Goghs verfasster Nachruf auf den durch einen fundamentalistischen Muslim ermordeten niederländischen Filmemacher