Italienische Streitkräfte
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Die italienischen Streitkräfte (Forze Armate Italiane) unterstehen dem Verteidigungsministerium in Rom und bestehen aus den vier Teilstreitkräften
- Italienisches Heer (Esercito Italiano - E.I.)
- Italienische Marine (Marina Militare Italiana - M.M.I.)
- Italienische Luftwaffe (Aeronautica Militare Italiana - A.M.I.) und den
- Carabinieri (Arma dei Carabinieri).
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[Bearbeiten] Allgemeines
[Bearbeiten] Auftrag
Die italienischen Streitkräfte haben den Auftrag,
- die territoriale Integrität des Staatsgebietes zu verteidigen und italienische diplomatische Vertretungen und Staatsbürger im Ausland zu schützen;
- das euroatlantische Bündnisgebiet im Rahmen der NATO zu verteidigen;
- im Rahmen internationaler Organisationen oder bi- oder multilateraler Abkommen einen friedenssichernden oder friedensschaffenden Beitrag zur Lösung internationaler Konflikte zu leisten;
- im Inneren zum Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung beizutragen und insbesondere bei Not- oder Katastrophenfällen Hilfe zu leisten.
[Bearbeiten] Militärische Organisationen mit besonderen Aufgaben
Die Carabinieri sind eine militärische Polizeitruppe, die im Bereich der anderen Teilstreitkräfte Militärpolizeiaufgaben übernimmt. Darüber hinaus schützen die Carabinieri diplomatische Vertretungen im Ausland und beteiligen sich an internationalen Friedenseinsätzen. Der Großteil der Carabinieri versieht jedoch in ganz Italien nach Weisung des Innenministeriums Polizeidienst. Bei Bedarf können diese Einheiten als eine Art Territorialheer an der Grenz- und Landesverteidigung mitwirken.
Die dem Finanzministerium unterstehende Guardia di Finanza (Zollfahndung, Finanzpolizei, Grenzschutz) und die vom Verkehrsministerium geführte Guardia Costiera (Küstenwache) können im Verteidigungsfall zur Grenz- und Landesverteidigung ebenfalls dem Verteidigungsministerium unterstellt werden.
[Bearbeiten] Berufsarmee
Seit Aussetzung der Wehrpflicht zum 30. Juni 2005 bestehen die italienischen Streitkräfte nur noch aus Berufssoldaten und Freiwilligen. Die Sollstärke liegt derzeit bei 190.000 Männern und Frauen (Heer 112.000, Marine 34.000, Luftwaffe 44.000), dazu kommen noch 110.000 Carabinieri und etwa 50.000 zivile Mitarbeiter. Italien gibt traditionell nur relativ wenig Geld für seine Streitkräfte aus. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) liegen die Verteidigungsausgaben am Ende der entsprechenden Liste der NATO-Staaten. Der Verteidigungshaushalt für 2005 lag bei knapp 20 Mrd Euro. Davon werden auch die Carabinieri finanziert. Aufgrund der angespannten Haushaltslage wird damit gerechnet, dass die Sollstärke von Heer, Marine und Luftwaffe in der nächsten Zeit auf insgesamt etwa 165.000 Soldaten reduziert werden wird. Überlegungen die Carabinieri ganz dem Innenministerium zu unterstellen (und gar ihren Haushalt den anderen Teilstreitkräften zur Verfügung zu stellen) wurden immer wieder verworfen.
[Bearbeiten] Führungsstruktur
[Bearbeiten] Politische Führung
Laut Verfassung hat der Staatspräsident die oberste Befehls- und Kommandogewalt über die italienischen Streitkräfte. Er ist Vorsitzender des "Obersten Verteidigungsrates" (Consiglio Supremo di Difesa), dem neben ihm auch noch der Ministerpräsident, die Minister für Äußeres, Inneres, Finanzen, Verteidigung und Industrie, sowie der Generalstabschef der Streitkräfte angehören. Dieses nur selten tagende Gremium ist ein Beratungsorgan, gibt dem Staatspräsidenten aber auch die Möglichkeit zur Durchsetzung seiner verfassungsmäßigen obersten Richtlinienkompetenz in Verteidigungsfragen. In der Verfassungswirklichkeit legen jedoch Parlament und Regierung die militärpolitischen Richtlinien fest. Der Verteidigungsminister ist für die Umsetzung derselben politisch verantwortlich.
Das Verteidigungsministerium ist das zentrale Organ zur Führung, Gestaltung und Verwaltung der italienischen Streitkräfte. Unter der politischen Ebene des Ministers und der (ausschließlich parlamentarischen) Staatssekretäre befinden sich zwei große Führungsbereiche, der Generalstab der Streitkräfte (Stato Maggiore della Difesa-SMD) auf der einen und das Generalsekretariat des Ministeriums (Segretariato Generale della Difesa-SGD) auf der anderen Seite, das zugleich "Nationale Rüstungsdirektion" (Direzione Nazionale degli Armamenti) ist. Dem Minister untersteht darüber hinaus der militärische Nachrichtendienst Servizio per le Informazioni e la Sicurezza Militare (SISMI).
[Bearbeiten] Generalstab der Streitkräfte
Der Generalstab der Streitkräfte (Stato Maggiore della Difesa-SMD) ist seit 1997 das zentrale militärische Planungs- und Führungsorgan der italienischen Streitkräfte. Bis 1997 hatte dieser Generalstab gegenüber den Generalstäben der Teilstreitkräfte als "primus inter pares" nur Koordinierungskompetenzen. Zur Führung der italienischen Streitkräfte bedient sich der Generalstabschef des Comando Operativo di vertice Interforze-COI (dt. "Einsatzführungskommando", Rom-Centocelle), mit dem er an den Generalstäben von Heer, Marine und Luftwaffe vorbei direkten Zugriff auf die operativen Führungsstäbe der Teilstreitkräfte hat. Die Carabinieri unterstehen dem Generalstabschef nur in militärisch-operativen Belangen (z.B. Militärpolizeieinsätze bei Auslandseinsätzen). Für das militärisch-operative Nachrichtenwesen untersteht der 2. Generalstabsabteilung das Centro Intelligence Interforze. Zur einheitlichen Planung und Durchführung von Sonderoperationen entstand im Dezember 2004 im Bereich des Einsatzführungskommandos ("COI") das Comando interforze per le Operazioni delle Forze Speciali ("COFS"). Truppendienstlich unterstehen die italienischen Spezialeinheiten weiterhin den vier Teilstreitkräften, gemeinsame Grundsatzangelegenheiten und vor allem die einheitliche Einsatzführung liegen jedoch im Zuständigkeitsbereich des Generalstabs der Streitkräfte. Dem Generalstabschef unterstehen darüber hinaus einige Ausbildungseinrichtungen, darunter die Führungakademie der italienischen Streitkräfte (Centro Alti Studi della Difesa-CASD) mit ihrem Generalstabsinstitut (Istituto Superiore di Stato Maggiore Interforze-ISSMI).
[Bearbeiten] Generalsekretariat/Nationale Rüstungsdirektion
Der Generalsekretär des Verteidigungsministeriums (Segretario Generale della Difesa-SGD) koordiniert die Arbeit der derzeit zehn Abteilungen des Ministeriums. Unter anderem ist das militärische Beschaffungswesen in diesem Bereich angesiedelt, weswegen der Generalsekretär zugleich "Nationaler Rüstungsdirektor" (Direttore Nazionale degli Armamenti-DNA) ist. Diese Position wurde bisher noch nie mit einem Zivilisten besetzt, die Tendenz geht aber in diese Richtung. Der SGD/DNA untersteht dem Minister direkt. Der Generalstabschef hat aber im Rahmen seiner Planungszuständigkeiten im Bereich der Gesamtkonzeption der Streitkräfte ein Weisungsrecht gegenüber dem Generalsekretär.
[Bearbeiten] Personalstruktur
[Bearbeiten] Mannschaften
Schon vor Abschaffung der zuletzt zehnmonatigen Wehrpflicht (und des zivilen Ersatzdienstes) änderten die italienischen Streitkräfte ihre Personal- und Laufbahnstruktur, die 2004 nochmals letzte Modifikationen erhielt. Demnach gibt es jetzt einen "freiwilligen" einjährigen Wehrdienst (Volontario in Ferma Prefissata 1 - VFP1), der allerdings bei den Mannschaften Voraussetzung für eine Weiterverpflichtung in der Armee und insbesondere Voraussetzung für einen Eintritt in die Anfangsverwendungen der Carabinieri, der Polizia di Stato, der Guardia di Finanza, der Guardia Costiera und z.T. anderer Organisationen im Zivilschutzbereich, sowie in der Wehrverwaltung ist. Dieser einjährige Wehrdienst kann u.U. einmal wiederholt werden. Der Zugang zu den Carabinieri und zur Guardia di Finanza wird jedoch erheblich erleichtert, wenn man sich für weitere vier Jahre weiterverpflichtet hat (VFP4). Die VFP4-Soldaten bilden das Rückgrat der italienischen Streitkräfte. Sie dienen besonders bei den Kampfverbänden, die auch für Auslandseinsätze vorgesehen sind. Da nicht alle Freiwilligen später bei Armee und Polizei übernommen werden können, erhalten sie dienstbegleitende berufsqualifizierende Fortbildungskurse, wobei das Verteidigungsministerium Abkommen mit (wehrtechnischen) Industriebetrieben geschlossen hat, die Interesse an ehemaligen Soldaten zeigen. Mit diesen Initiativen hat die Armee eine wichtige sozialpolitische Rolle übernommen, besonders im Hinblick auf die angespannte Arbeitsmarktlage für Jugendliche in Süditalien. Die Attraktivität des Dienstes ist auch bei der Mannschaftslaufbahn hoch, weswegen die Streitkräfte durchaus die Möglichkeit haben, ihr Personal (auch nach den Kriterien der späteren Abnehmer bei den Polizeien) auszuwählen. Nach Ablauf der vierjährigen Dienstzeit können die Freiwilligen u.U. nochmals 2x2 Jahre verlängern, so dass über Zeitverträge maximal ein zehnjähriger Verbleib bei der Armee erreicht werden kann. Geeignete Freiwillige können bei Heer, Marine und Luftwaffe je nach Bedarf nach fünf Jahren Berufssoldaten werden (Volontario in Servizio Permanente - VSP; Besoldungsrechtlich haben diese Mannschaften bereits einen Unteroffiziersstatus/Mittlerer Dienst) und nach einiger Zeit zu Unteroffizieren ohne Portepee befördert werden. Ein weiterer Aufstieg in die gehobene Laufbahn der Unteroffiziere mit Portepee ist bei Bewährung möglich, wird aber durch den Besitz eines Abiturzeugnisses erheblich erleichtert.
[Bearbeiten] Unteroffiziere
Im Bereich der Unteroffiziere wurden bereits Mitte der 90er Jahre die Unteroffiziere mit Portepee von den Unteroffizieren ohne Portepee und den Mannschaften getrennt. Abiturienten können sich direkt für einen Eintritt in die Laufbahn der Unteroffiziere m. P. bewerben. Sie werden zwei Jahre an den Unteroffiziersschulen militärisch ausgebildet und gehen zusätzlich an eine zivile Universität, wo sie in aller Regel "Wirtschafts- und Organisationswissenschaften" studieren und nach drei Jahren einen Bachelor erwerben. Diese Soldaten sind heute in Verwendungen tätig (besonders als Zugführer), die früher oft ausschließlich Offizieren vorbehalten waren. Durch diese Neuordnung hat der in Italien (besonders bei den Carabinieri) ohnehin allseits beliebte "Maresciallo" (Feldwebel, 5 Dienstgradstufen) eine erhebliche qualitative Aufwertung erfahren.
[Bearbeiten] Offiziere
Die Offiziere stellen heute eine wirkliche Elite dar, die i.d.R. vier Jahre an den Militärakademien in Modena und Turin bzw. Rom (Heer und Carabinieri), Livorno (Marine) und Pozzuoli bei Neapel (Luftwaffe) militärisch und akademisch ausgebildet werden und daneben auch an zivilen Universitäten studieren, bis sie nach fünf Jahren einen Master erwerben. Bewerber mit Abschlüssen in besonderen Studienrichtungen können bei Bedarf auch direkt eingestellt werden und erhalten nach einer kürzeren militärischen Ausbildung den Dienstgrad Unterleutnant oder Leutnant. Manchen Offizieren ermöglichen die Streitkräfte nach einer gewissen Zeit auch ein Postgraduierten- oder ein Forschungsstudium. Weitere Ausbildungsstationen der Offiziere sind u. U. die Führungsakademien der Teilstreitkräfte (Generalstabslehrgang, 1. Teil) und schließlich die Führungsakademie der Streitkräfte (CASD).
[Bearbeiten] Geschichte
Zur Geschichte der italienischen Teilstreitkräfte siehe
sonst die geschichtlichen Abschnitte bei
Die italienischen Streitkräfte sind im wesentlichen eine Fortführung der piemontesischen Armee. Bei der Einigung Italiens stand das Königreich Piemont-Sardinien an der Spitze der Einigungsbewegung und gab dem neuen Staat neben seinen zivilen Institutionen auch die Armee, in die alle anderen Streitkräfte der Vorgängerstaaten integriert wurden. Erst mit der Gründung der italienischen Luftwaffe 1923 stellte sich erstmals die Frage nach einer Integration der Teilstreitkräfte unter einem Dach. Mussolini schuf das "Streitkräfteministerium" (Ministero delle Forze Armate), welches jedoch praktisch auf seinen Schreibtisch beschränkt blieb. Staatssekretäre führten während des Faschismus die Ministerien für Krieg, Marine und Luftfahrt. Relativ früh erkannte man die Notwendigkeit eines Gesamtgeneralstabs, der unter Pietro Badoglio auch eingerichtet wurde (Stato Maggiore Generale), sich aber gegen die Generalstäbe der Teilstreitkräfte nie durchsetzen konnte. Teilweise wurden die Generalstäbe der Streitkräfte und des Heeres in Personalunion geführt, weil es dem Stato Maggiore Generale an der nötigen Infrastruktur fehlte. Erst während des Krieges gelang es Ugo Cavallero mit dem Comando Supremo, eine gewisse Einheitlichkeit bei Planungen und Operationen zu erreichen. Einer der Gründe für das schlechte Abschneiden der italienischen Streitkräfte im Zweiten Weltkrieg lag bei der Erbitterung, mit der die Teilstreitkräfte ihre Partikularinteressen verteidigten. Nach 1945 wurde zwar ein Verteidigungsministerium eingerichtet, wobei es sich aber um einen riesigen Topf handelte, in den alle früheren Abteilungen gesteckt wurden. Auch der neue Generalstab der Streitkräfte konnte sich wiederum nicht gegen die Teilstreitkräfte durchsetzen. In den 50er Jahren hatte die italienische Marine die Chance, von den USA einen leichten Flugzeugträger zu erwerben. Die italienische Luftwaffe ließ die dazugehörigen Flugzeuge der Marine von den Carabinieri beschlagnahmen, als sie in Italien eintrafen, weil das Gesetz den Besitz von Kampfflugzeugen ausschließlich der Luftwaffe erlaubte. Erst Ende der 80er Jahre wurde dieses Problem gelöst. Während des Kalten Krieges lag die Sollstärke der Armee (1975-1991) bei 395.000 Soldaten (Heer 267.000, Marine 56.000, Luftwaffe 72.000), das neue "Verteidigungsmodell" (Nuovo Modello di Difesa-NMD) legte sie 1997 auf 250.000 Mann (Heer 150.000, Marine 40.000, Luftwaffe 60.000) fest. Die Reform von 1997 brachte für die Armee auch strukturell einen tiefen Einschnitt. Endlich wurde sowohl das Verteidigungsministerium als auch der Generalstab vollständig reorganisiert und auch alle anderen militärischen Führungsstrukturen überholt. Mit der Professionalisierung der Armee hat Italien erstmals vernünftige Streitkräfte, die aber wie immer durch eine permanente Unterfinanzierung geschwächt werden. Aus diesem Grund wird auch die 2003 für die neue Berufsarmee festgelegte Sollstärke von 190.000 Männern und Frauen nicht zu halten sein.
Die italienischen Streitkräfte litten in ihrer gesamten Geschichte unter der z.T. kriminellen Verantwortungslosigkeit, mit der italienische Politiker mit ihnen umgingen. Die Geschichte des italienischen Nationalstaates kennt nur Angriffskriege (keinen einzigen Verteidigungskrieg), bei denen stets auf eine Armee zurückgegriffen wurde, die für diese Aufgaben unzureichend vorbereitet war und dann durch falsche strategische Schwerpunktsetzungen und schlechte militärische Führung weiter überfordert wurde. Die Ergebnisse sind nachzulesen bei "Italienische Militärgeschichte".
[Bearbeiten] Siehe auch
- Liste der Streitkräfte der Welt
- Dienstgrade in der italienischen Armee
- Liste italienischer Friedenseinsätze
[Bearbeiten] Weblinks
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