Mittelaltermarkt
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Ein Mittelaltermarkt oder mittelalterlicher Markt ist eine Marktveranstaltung mit Volksfestcharakter in einem mehr oder weniger vom Mittelalter inspirierten Ambiente. Trotz des Begriffes "Mittelalter" im Namen und obwohl viele Veranstalter gerne mit diesem Begriff werben, wird auf Mittelaltermärkten eine fantasievolle Traumwelt und nicht etwa eine an historische Fakten orientierte Epoche gezeigt.
Sowohl die Darsteller und Mitwirkenden, als auch ein Teil der Besucher, kleiden sich in fantasievolle oder mittelalterlich wirkende, ein geringerer Teil sogar in genau rekonstruierte, Gewandungen. Diese Märkte erfreuen sich seit den 1980er Jahren einer wachsenden Beliebtheit. Auch wenn die Bezeichnung "Mittelalter" im Namen getragen wird, so haben diese Veranstaltungen generell nichts mit einer authentischen, also einer geschichtlich genauen, Rekonstruktion eines Marktes des Mittelalters zu tun.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Waren
Die auf diesen Märkten zum Verkauf angebotenen Artikel sind meist Kunsthandwerkswaren, aber auch Esoterikprodukte. Typische Waren sind z.B. Kräuter, Felle, Lederwaren, Schmuck, Hieb- und Stichwaffen, Bögen und mittelalterinspirierte Gewandungen. Auf einigen Veranstaltungen finden sich Anbieter von Repliken mittelalterlicher Artefakte. Kunsthandwerker, die das Schmiedehandwerk vorführen, sind zum Teil ebenso zu finden, wie Glasbläser, die Glasperlen herstellen, Bodürenweber und Künstler, die aus Speckstein Töpfe und Skulpturen erstellen, wie ehemals die Wikinger.
[Bearbeiten] Künstler
Typisch sind die anwesenden Musikanten, die zur Untermalung des Geschehens oder auch für ein eigenständiges Konzert auf dem Marktgelände sorgen. Siehe den eigenen Artikel Musik der Mittelalterszene
Neben der Musik gibt es auch Darbietungen, die von Theater über Erzählungen bis zur Akrobatik, Schwertkämpfen und Feuerspucken reichen. Häufig ist auch ein Hofnarr anwesend. Einige Künstler und Darsteller haben auf den Mittelaltermärkten überregionale Bekanntheit erreicht. Zu den Künstlern dieses Bereichs gehören u.a. Magister Winterfeld, Magister Rother, Pill & Pankratz und die Hexe Walpurga.
[Bearbeiten] Turniere
Auf den größeren Mittelaltermärkten finden häufig auch Ritterturniere statt. Von Tjost bis Buhurt wird alles im Rahmen des Schaukampfes geboten. Zum Austragen der Turniere beauftragt der Veranstalter kommerzielle Gruppen, die ein choreographiertes Schauspiel vorführen. Einige Veranstalter bieten auch freie Turniere an, an denen die Teilnehmer tatsächlich ihre Geschicklichkeit messen müssen.
In den letzten Jahren kommen dabei nicht nur die mittelalterlichen Ritter zum Zuge, es werden auch Schauspiele gestaltet, die einen Kampf zwischen Kelten und Römern darstellen. Obwohl diese beiden Volksgruppen eigentlich nicht ins Mittelalter gehören, zählen die Protagonisten dieses Spektakels dennoch in den weit gefächerten Begriff Mittelalterszene.
[Bearbeiten] Strafjustiz
Auf einigen Märkten werden Nachbildungen von Einrichtungen der Justiz, meist der Niederen Gerichtsbarkeit ausgestellt oder auch verkauft. Verbreitet sind vor allem die Holzversion des Prangers sowie die Halsgeige, denen man im Gegensatz zum im Mittelalter verbreiteten Schandpfahl und anderen Einrichtungen zur Vollstreckung einer Ehrenstrafe ihren Verwendungszweck am Ehesten ansieht, was der Publikumswirksamkeit entgegen kommt. Gelegentlich kommen diese Gegenstände an Darstellern im Rahmen eines Schauprozesses oder auch an Besuchern zum Einsatz. Seltener sind Nachbildungen von Gegenständen des Hochgerichts zu sehen, wie Richtbeile und -blöcke.
[Bearbeiten] „Marktsprech“
Auf vielen dieser Märkte hört man die Darsteller und auch manche der Besucher in einer sehr geschraubten Sprechweise reden. Floskeln wie Seyed gegrüßt oder Titel wie Edler Recke und Holde Mayd sollen das Ambiente stärken. Auch eher lustig gemeinte Bezeichnungen als Umschreibungen für Artikel des modernen Lebens sind zu hören. So meint der Taschendrachen ein Feuerzeug, das Zeiteisen die Uhr und so manch einer kommuniziert mit dem Horchknochen (Handy).
Diese als „Marktsprech“ bezeichnete Sprechweise ist eine Kunstsprache, die sich aus Versatzstücken Lutherscher Schriftsprache, der Vermeidung moderner Begriffe und einer Portion Improvisation auf den Märkten zur Unterhaltung gebildet hat. Jedoch wurde zu keinem Zeitpunkt der Geschichte (vor 1980) so gesprochen. Kritiker weisen immer wieder darauf hin, dass der Besucher eines Mittelaltermarktes durch die Marktsprech irritiert würde, da ihm diese Kunstsprache oft als "Sprache des Mittelalters" verkauft wird.
[Bearbeiten] Authentizität
Der Anspruch auf historisch richtige Darstellung ist generell eher gering und anders als etwa in der experimentellen Archäologie oder der historischen Aufführungspraxis nicht mit akademischen Maßstäben zu messen. Seit einigen Jahren gibt es allerdings einen Konflikt zwischen zwei Gruppen der gewandeten Marktbesucher. Die einen sind diejenigen, welche sich fantasievolle bzw. mittelalterlich wirkende "Gewandungen" jeglicher Art kleiden, die anderen jene, welche auf Authentizität hohen Wert legen. Der Streit ging von der zweiten Gruppe aus, die auf die Andere zuging und diese als "nicht-authentisch" bezeichnete und dieses beklagte, weil ihrer Meinung nach zum einen die Qualität eines Marktes darunter leiden und zum anderen Etikettenschwindel damit betrieben würde, wenn auf einer Veranstaltung, die eine historische Epoche thematisiert, eben nicht jene Epoche sondern eine Traumwelt gezeigt und dem Besucher als "Mittelalter" verkauft wird. Allerdings kann von Authentizität im eigentlichen Sinn auch bei dieser Gruppe keine Rede sein, denn das "authentische" (echte) Mittelalter ist vergangen und nicht wiederzubeleben. Treffendere Bezeichnungen wären "historisch rekonstruierend" oder "historisch informiert". Dabei sollte klar sein, dass selbst echte museale Gegenstände (Musikinstrumente, Schmuck, Waffen, Rüstungen) in den Händen von heute sozialisierten Menschen kein "authentisches" Mittelalter zurückbringen können, sondern immer einer historisierenden Interpretation unterliegen, die aber, da an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientiert, ein weitaus realistischeres Bild von der Vergangenheit zeichnen kann.
Dieser langjährige Streit über den Authentizitätfaktor ist heute immer noch aktuell und eine Lösung ist nicht zu erwarten. Die Erwähnung des gerne „A-Wort“ genannten Begriffs der Authentizität führt häufig zu einem Erhitzen der Gemüter und zu heftigen Diskussionen. Die Gegner der Authentizitätsforderung weisen auch immer auf Menschen hin, die durch verschiedenste Behinderungen benachteiligt würden, wenn sie diesen Anspruch erfüllen wollten, was allerdings (so die Authentizitäts-Befürworter) für eine an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientierte Darstellung kein Hindernis sei, da selbstverständlich darauf Rücksicht genommen werden muss und wird.
[Bearbeiten] Weblinks
Commons: Mittelaltermarkt – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Historische Marktstände Hexenhinrichtung mit vielen lustigen Bildern
- Wasserguillotine Marktstände und Veranstalter historischer Feste
- Schattenwoelfe Lagern auf Mittelaltermärkten
- Seelenfaengerin Fotoimpressionen von diversen Mittelaltermärkten
- Terminkalender für Mittelaltermärkte, -Events und -Workshops
- Ein Magazin für History und Fantasy
- Heerlager.de Termine von mittelalterlichen Veranstaltungen (Märkten, Heerlagern, Workshops u.a.), Konzerten, Festivals, LARPs und mehr außerdem Berichte von alle dem
- DieLegende.de Termine von Mittelaltermärkten, Heerlagern, Burgenzelten, Arbeitsgruppen und weiteren mittelalterlichen Veranstaltungen
Siehe auch: Mittelalterszene, Musik der Mittelalterszene, Reenactment, Living History