Würzburger Bund
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Der Würzburger Bund, wie der von 1864-1865 bestehende Bund katholischer Studentenkorporationen üblicherweise genannt wird, war der erste umfassende Zusammenschluss katholischer Korporationen. Der Bund hat eine wichtige Rolle gespielt als Vorläuferorganisation des Kartellverbandes katholischer deutscher Studentenvereine (KV) und in die weitere Entwicklung des Cartellverbandes der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV).
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Seit 1856 bestand ein Freundschaftverhältnis zwischen Aenania München und Winfridia Breslau. Über die inhaltliche Qualifikation dieses Freundschaftverhältnisses besteht aber in bestimmte Kreise Diskussion. Dennoch sind die beide Verbindungen selbst klar und deutlich hierüber.
Im Schreiben der Winfridia Breslau an Aenania Münster von 29. Juli 1856 mit der Frage ein Verhältnis anzugehen, wurden die Worte freundschaftliche Beziehungen wortlautlich genützt. Kürz davor hatte die Winfridia Breslau, die seit 1848 schon als lockeres Leseverein Katholischer Studenten bestanden hat, sich umgewandelt in eine viel tiefgeheneder strukturierte katholische Studentenverbindung. Durch Farben zu tragen und nach aussen die Prinzipien mutig zu vertreten gegenüber Materialismus war dieses Geschehen für die Aenania München in ihres Schreiben von 6. Dezember 1856 dann auch von sehr grosse Bedeutung und Wichtigkeit. Das Freundschaftverhältnis wurde mit grosse Freude angenommen.
Das Convent Aenaniae freute sich dass auch auf Breslaus Hochschule seit Jahren ein Verein blühe, der neben dem gesellschaftlichen Zwecke noch ein höheres Ziel verfolgt, dessen Streben auf wissenschaftliche Bildung und Entwicklung eines festen gesunden und männlichen Charakters gerichtet is, der auch das katholische Bewusstsein unter seine Prinzipien aufgenommen und zum tatkräftigen Leben bringen will. Was aber unsere brüderlichen Gefühle noch erhöhte, war die beigefügte Kunde, dass dieser edle Verein nun nicht mehr wie bisher, bloss nach innen im freundschaftlichen Kreise wirken wolle, sondern dass Ihr Euch entschlossen habt, auch nach aussen als mutige Vertreter der Prinzipien gegenüber dem heutigen Materialismus Euch zu zeigen, dass dieselbe Trikolore Euch schmückt, die auch uns Aenanen zum einheitlichen Streben verbindet und ermuntert. Die Winfridia Breslau hatte damals identische Farben als die Aenania München.
Aenania hatte schon mit andere katholische Vereine Verhältnisse aufgebaut, die auch wissenschaftliche und gesellschaftliche Zwecke nachstrebten und einmal im Semester sich gegenseitig ein Bericht entsendeten. Dennoch wurde klar unterschieden zwischen diese Vereine, die teilweise allgemein zugänglich waren, und Verbindungen an Universitäten, wo nur Studenten eintreten könnten. Diese Verbindungen zeigten Farben nach aussen als prinzipieller Öffentlichkeitsarbeit. Ein monatlicher und viel intensiverer Austausch von Berichten wurde gepflegt. Dieses Freundschaftverhältniss zwischen Aenania München und Winfridia Breslau wurde durch die beide Verbindungen dann auch seit 1860 qualifiziert als ein Cartellverhältnis. Seit denn tauchten die Bezeichnungen Cartell und Cartellverbindung auf. Ganz deutlich wurde der Begriff Cartell angewandt zur Unterscheidung mit nicht-farbentragenden Vereine. Mit diesen wurden gleichzeitig losere Beziehungen geknüpft in der Form eines Korrespondenzverhältnis. Zum Beispiel, das Korrespondenzverhältnis zwischen Aenania München und der Leseverein Berlin im Sommer 1863 oder das Korrespondenzverhältnis zwischen Aenania München und die Arminia Bonn.
Der Begrif Cartellverbindung wurde 1861 aber so ausgelegt vom Convent Aenaniae: Die Cartellverbindugnen seien eigentlich nur eine, lediglich durch den Raum getrennte Verbindung. In 1862 wurde dahinzugefügt: Die Verbindung sieht die Cartellverbindung gleichsam als sich selbst nur an einem anderen Orte bestehend, an; mit den Korrespondenzverbindungen kann das Verhältnis immer nur ein mehr oder weniger lockeres sein.
[Bearbeiten] Gründung des Würzburger Bundes
Die Rede des jungen Georg von Hertling auf dem XV. Katholikentag 1863, zur gleichen Zeit der 1. Cartellversammlung des CV, in Frankfurt, in der er die Begriffe Religion, Wissenschaft und Freundschaft als Leitsätze eines katholischen Verbindungsstudenten vorstellte, löste das Bestreben aus, alle katholischen Studentenkorporationen, die Vereine und die Verbindungen, zu einigen.
Auf dem XVI. Katholikentag in Würzburg 1864 wurde darum der Bund katholischer Studentenkorporationen ins Leben gerufen, bestehend aus die Vereine Leseverein Berlin und Arminia Bonn, und die Verbindungen Aenania München und Winfridia Breslau. Weiter schlossen sich die Vereine Germania Münster und Unitas Breslau an, und die Verbindungen Guestphalia Tübingen und Austria Innsbruck. Als letzte schloss sich das Verein Walhalla Würzburg an. Mit diesem Würzburger Bund war der erste deutschlandweite Dachverband katholischer Studentenvereine und Verbindungen entstanden.
[Bearbeiten] Spaltung des Würzburger Bundes
Auf den Generalversammlungen kam es zwischen der Arminia Bonn und der Bavaria Bonn zu Streitigkeiten, die im Sommer 1865 in Trier zur Spaltung des Würzburger Bundes führten. Ein menschlicher Grund mag in der Gründungsgeschichte der Arminia Bonn gelegen haben. Deren Gründer Max Lossen war 1863 von der Universität München, wo er der Aenania angehörte, an die Universität Bonn gewechselt und war in die Bavaria eingetreten. Es kam jedoch alsbald zu einem Bruch mit den Bavaren. Über die Gründe besteht Uneinigkeit. Seitens der Bavaria wird vertreten, Lossen und sein zeitgleich in die Bavaria eingetretener Vetter Friedrich Kayser hätten eine Charge beansprucht. Lossen seinerseits beanstandete die mangelnde Exklusivität der Bavaria, die von manch innerer Auseinandersetzung zerüttet war.
Der in Würzburg schließlich angenommene Beschlussentwurf lautete: Die GV der katholischen Studentenvereine möge sich zu dem einstimmigen Beschluss dahin einigen, dass eine Trennung der Vereine und Verbindungen im Interesse der besseren Verwirklichung unserer Prinzipien wünschenswert ist.
[Bearbeiten] Gründungmythen bei KV und CV
„Arminia im Sommersemster 1864“ obere Reihe, Zweiter von links : Max Lossen, Mitglied der Aenania, ausgetreten aus der Bavaria, Gründer der Arminia, |
Ende Januar 1866 konstituierte sich unter Vorsitz des Leseverein Berlin der Kartellverband katholischer deutscher Studentenvereine (KV), dem weiter angehörten Arminia Bonn, Unitas Breslau, Germania Münster und Walhalla Würzburg. Diese Studentenvereine verzichteten auf das Farbentragen und andere äußere studentische Bräuche, die sie als Ablenkung von ihren wissenschaftlichen und religiösen Grundsätzen ansahen.
Aenania München, Winfridia Breslau, Guestfalia Tübingen und Austria Innsbruck bildeten auf den seit 1856 schon existierenden Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen (CV) weiter. Eine Differenzierung der gemeinsamen programmatischen Zielsetzungen der beiden neu gebründeten Verbände erfolgte nicht. Nach der Spaltung trat Bavaria Bonn dem CV bei. Der CV ist farbentragend.
Die Trennung von CV und KV beruhte nicht in erster Linie auf Unterschieden in den grundsätzlichen Zielsetzungen beider Verbände - hier lassen sich weitgehende Übereinstimmungen feststellen - sondern eher in der Ausrichtung. Der KV maß der Pflege äußerer Formen, wie sie in der studentischen Jugend üblich waren, weniger Wert zu, er wandte sich weit mehr den geistigen, religiösen und kulturellen Fragen zu. Dem CV diente neben der Verfolgung geistiger und religiöser Belange gerade die Pflege des studentischen Brauchtums als Mittel der Erziehung und Durchsetzung katholischer Interessen im akademischen Raum.
Der KV sah zunächst 1863 als das Ursprungsdatum der katholischen Verbände, also auch seiner selbst an. In diesem Jahr hatte nämlich der Leseverein Berlin ein Korrespondenzverhältniss angegangen mit dem sich seit sieben Jahren im Rahmen eines Cartellverhältnis verbondenen Aenania München und Winfridia Breslau.
Damit war das Korrespondenzverhältnis zwischen die drei Vereine qualitativ in die Keimzelle eines Verbandes umgeschlagen. Entsprechend legte Hermann Cardauns 1913 gemäss dem Beschluss der Vertreterversammlung seine Festschrift 50 Jahre Kartellverband vor. Ab der Vertreterversammlung 1955 bezog der KV das Alter des Verbandes auf das Jahr 1853, als der Leseverein Berlin gegründet wurde.
Der CV sieht sich demgegenüber traditionell seit 1856 begründet, dem Jahr des ersten Cartellverhältnisses zwischen Aenania München und Winfridia Breslau (heute Münster).
[Bearbeiten] Literatur
- Wehr, Florian, Geschichte des Cartell-Verbandes der katholischen deutschen Studenten-Verbindungen, Paderborn, 1890
- Kartellverband der katholische Studentenvereine, Fünfzig Jahre Kartellverband (1863-1913) - Festschrift zum goldenen Jubiläum des Verbandes der Katholischen Studentenvereine Deutschlands, Kempten, München, 1913
- Wolf O., Geschichte der katholischen deutschen Studentenverbindung Bavaria 1844-1914, Bonn, 1914
- Popp, Gerhard, CV in Österreich 1864-1938, Hermann Böhlaus, Wien, 1984, ISBN 320508831X
- Schieweck-Mauk S., Lexikon der CV- und ÖCV-Verbindungen, Gemeinschaft für deutsche Studentengeschichte, Würzburg, 1997, ISBN 3894980400
- Koß, Siegfried, Wider die Verselbständigung eines hist. Klischees. G. Gf. v. H., der Würzburger Bund u. der CV/KV-Farbenstreit, in Studenten-Kurier. Zschr. f. Studentengesch., Hochschulpolitik u. Korporationswesen, Köln, 1998, H. 4, S. 5-7
- Stickler, Matthias, Der Würzburger Bund von 1864. Ein Beitrag zur Frühgeschichte des Politischen Katholizismus in Deutschland, in Zwischen Korporation und Konfrontation. Beiträge zur Würzburger Universitäts- und Studentengeschichte, Hg. von Bernhard Grün, Johannes Schellakowsky, Matthias Stickler und Peter Süß, Köln, 1999, S. 239-259.
- K.D.St.V. Aenania München, 150 Jahre katholische deutsche Studentenverbindung Aenania, München, 2001
- Koschera, Daniel, Hat sich jüngst ein neuer Verein von katholischen Studenten gebildet – Bavaria und die Bonner Union 1844 – 1867 : Ein Beitrag zur Frühzeit katholischer Studentenvereinigungen in Deutschland, Magisterarbeit am Historischen Seminar der Universität Köln, Köln, 2004
CV | ÖCV | Mitgliedsverbindungen | Wahlspruch | Bundeslied | Würzburger Bund | Sudetendeutscher CV | Starkenburger CV | KDV | CKV | VKSt | 1. ÖCV | 2. ÖCV | Singularitätsprinzip
Cartellverband der katholischen deutschen Studentenverbindungen
Aenania München (1) | Winfridia (Breslau) Münster (2) | Guestfalia Tübingen (3) | Bavaria Bonn (4) | Markomannia Würzburg (5) | Hercynia Freiburg im Breisgau (7) | Suevia Berlin (8) | Rhenania Marburg (9) | Arminia Heidelberg (15) | Alemannia Greifswald und Münster (17) | Franconia Aachen (23) | Ripuaria Freiburg im Breisgau (27) | Nassovia Darmstadt (33) | Sugambria (Jena) Göttingen | Ripuaria Bonn (45) | Hohenstaufen Freiburg im Breisgau (45) | Arminia Freiburg im Breisgau (50) | Sauerlandia Münster (54) | Novesia Bonn (55) | Wiking Hamburg (64) | Bergland (Freiberg) Aachen (76) | Wildenstein Freiburg im Breisgau (82) | Rheinstein Köln (84) | Lovania Löwen (BF)
ÖCV|Cartellverband der katholischen österreichischen Studentenverbindungen
Carolina Graz (3) | Raeto-Bavaria Innsbruck (13)