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Gitarrenverstärker - Wikipedia

Gitarrenverstärker

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Comboverstärker der Marke VOX (Valvetronix AD60VT)
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Comboverstärker der Marke VOX (Valvetronix AD60VT)

Ein Gitarrenverstärker ist ein elektronisches Gerät zur Verstärkung des Klanges einer Gitarre bzw. einer elektrischen Gitarre.

Der Gitarrenverstärker soll im Fall der elektrischen Gitarre wesentlich zur Klangbildung beitragen und nicht klangneutral verstärken. Der Musiker betrachtet den Gitarrenverstärker häufig als Teil seines Musikinstruments und setzt ihn ein, um seinem Spiel Ausdruck zu verleihen. Das Signal des Gitarrentonabnehmers wird dabei über ein Kabel oder auch über eine Funkapparatur an den Verstärker übertragen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Kategorien

Gitarrenverstärker lassen sich nach folgenden Kategorien einordnen:

  • Nach der Bauart (Combo - offen oder geschlossen - , Topteil, Vor- und Endstufe getrennt, Racksystem),
  • Nach dem Einsatzzweck (für E-Gitarre, E-Bass, akustische Gitarre, Übungs- und Bühnenverstärker),
  • Nach der Verwendung der verstärkenden Bauteile (Elektronenröhre, Halbleiter oder beides ("Hybrid")),
  • Nach der vorwiegenden Klangcharakteristik ("clean", verzerrt, "britisch" oder "amerikanisch").

Bei den im Handel erhältlichen Gitarrenverstärkern können praktisch alle Kategorien miteinander kombiniert sein, mit Schwerpunkten bei der einen oder anderen Kategorie. Dies erklärt die große Vielfalt des Angebots.

[Bearbeiten] Aufbau eines Gitarrenverstärkers

Die einzelnen Komponenten eines Gitarrenverstärkers sind der Eingang (Signaleingang), meistens realisiert durch eine Verbindung mit einem 6,3-mm-Monoklinkenstecker, Vorverstärkung (Gain), Klangstufe, i.d.R. zur Absenkung einzelner Frequenzen oder Equalizer zur Regelung der Anhebung einzelner Frequenzbereiche (Bass, Mitten, Höhen) (lineare Verzerrung), Verstärkerstufe, Lautsprechersystem. Das Lautsprechersystem besteht üblicherweise aus 8" bis 15" (Zoll) Lautsprechern, so ist zum Beispiel eine typische Marshallbox mit 4 Lautsprechern zu je 12" ausgestattet und besitzt 100 bis 300 Watt RMS-Belastbarkeit. In vielen Geräten ist eine sog. Hallspirale (Federhall) zur Erzeugung künstlichen Nachhalls eingebaut. Vereinzelt werden weitere Effekte wie Chorus und Tremolo integriert.

Gitarrenverstärker gibt es in verschiedenen Leistungsstufen und variieren von etwa 10 Watt bis über 300 Watt Ausgangsleistung. Noch größere Ausgangsleistungen sind in der Regel nicht sinnvoll, da in größeren Bühneninstallationen die Instrumente über die Beschallungsanlage übertragen werden.

[Bearbeiten] Nichtlineare Verzerrung

Eine nichtlineare Verzerrung des Signals ist gerade in der Rockmusik erwünscht und wird durch gezielte Übersteuerungen des Gitarrensignales erreicht. Diese Übersteuerung erreicht man am Verstärker traditionell durch folgende Möglichkeiten: Ein überhöhtes Eingangssignal, durch eine Übersteuerung im Vorverstärker (Distortion) oder eine Übersteuerung der Endstufe (Overdrive). Dabei können diese in Kombination erfolgen und sich auch in der Signalkette beeinflussen. Heutzutage werden Signale auch oft durch elektronische Schaltkreise verzerrt. Die Verzerrung in der Vorstufe erzeugt in der Regel einen rauheren Sound (wie z. B. bei Heavy Metal verwendet), während Endstufenverzerrung einen weicheren, sahnigeren Sound erzeugt (wie z. B. bei Blues/Rock).

[Bearbeiten] Bauarten

[Bearbeiten] Comboverstärker

Comboverstärker
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Comboverstärker
Miniverstärker Rockman aus den 80er Jahren
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Miniverstärker Rockman aus den 80er Jahren

Beim Comboverstärker (kurz: Combo) sind Elektronik und ein oder mehrere Lautsprecher in einem gemeinsamen Gehäuse montiert. Das Gehäuse kann je nach Klangcharakteristik nach hinten geöffnet oder hinten geschlossen sein. Die frühen Gitarrenverstärker waren zumeist von dieser Bauart. Der Combo hat meist den Vorteil des geringeren Gewichts und der leichteren Handhabbarkeit gegenüber anderen Bauarten. Die Ausgangsleistung bewegt sich in der Regel im Bereich von 10 bis 100 Watt. Es gibt jedoch auch sehr kleine, batteriebetriebene Combos, die sich gut zum Üben eignen und auch mit einem Kopfhörer betrieben werden können wie z.B. der Rockman, der von Tom Scholz, Gründer der Rockgruppe Boston, in den 80er Jahren entwickelt wurde.

[Bearbeiten] Topteil & Box

Sind Verstärker und Box getrennt, so spricht man von Topteil (englisch Head) und Box (englisch Cabinet). Sind die genannten Teile aufeinandergestapelt, so spricht man von einem Turm (englisch Stack). Hier unterteilt man wiederum in einen Half-Stack (Verstärker mit einer Box) und einen Full-Stack (Verstärker steht auf 2 Boxen). Bei den Boxen der sogenannten Stacks handelt es sich üblicherweise um Einheiten mit jeweils 4 mal 12" Gitarrenlautsprecher. Es gibt allerdings auch 1x12", 2x12" oder 4x10" Boxen.


[Bearbeiten] Rack (Vor- & Endstufe)

In traditionellen Verstärkern bilden Vor- und Endstufe eine Einheit. Es gibt aber auch zahlreiche Varianten, in denen Vor- und Endstufe eigene Einheiten bilden. Diese werden zumeist in 19" (Zoll) Racksystemen eingebaut.

  • Beispiele (Vorstufe)
    • Marshall JMP 1
    • Mesa/Boogie Triaxis
  • Beispiele (Endstufe)
    • Mesa/Boogie Strategy 500
    • Peavey Classic 50/50

[Bearbeiten] Röhre

Bei Röhrenverstärkern werden zur Verstärkung des Signals elektronische Röhren eingesetzt. Obwohl in der Elektronik üblicherweise heutzutage nur noch selten Röhren eingesetzt werden (aufgrund der Größe und des Gewichtes), ist dies bei Gitarrenverstärkern anders: Röhrenverstärker erzeugen einen warmen, druckvollen Klang, welcher bei Transistorverstärkern nur mit viel zusätzlicher aufwändiger Schaltungstechnik (teilweise selbst dann noch nicht) erreichbar ist.

Über die Dynamik hinausgehend, hat hier das Verhalten bei Übersteuerung ("Overdrive") des Verstärkers besondere Bedeutung: das ist eine Betriebsart, in der so starke Signale erzeugt werden, dass der Verstärker nicht in der Lage ist, sie originalgetreu wiederzugeben. Die Folge ist eine Verzerrung des Signals.

Dabei lassen sich – bedingt durch den quasi modularen Aufbau moderner Röhrenverstärker (ein oder zwei hintereinandergeschaltete "Vorstufen" sowie eine "Endstufe") – unterschiedliche Verzerrungen erzeugen. Die Vorstufen werden üblicherweise mit Triodensystemen (Doppeltrioden ECC81, ECC82, ECC83) realisiert, die Endstufen mit Leistungspentoden (6L6, 6V6, EL84, EL34 ua.). Übersteuert man die Vorstufe, erhält man schon ein verzerrtes Signal am Eingang der Endstufe und kann so, indem man die Endstufe herunterregelt, dieses verzerrte Signal mit relativ geringer Spannung an die Lautsprecher leiten. Der Vorteil ist also eine geringe Gesamtlautstärke, der Nachteil jedoch ist, dass diese Triodenverzerrung als nicht so wohlklingend empfunden wird wie die Endstufenverzerrung.

Bei den ersten Röhrenverstärkern aus den 50er-Jahren konnte man die Vorstufen kaum übersteuern, sondern die Verzerrung wurde dadurch erreicht, dass man den Verstärker so laut wie möglich einstellte. Das bedeutet, die Endstufenröhren wurden übersteuert und der Übertrager (Trafo, der zwischen Röhren und Lautsprecher) ging in die Sättigung, was den berühmten Klang von Gitarristen wie etwa Jimi Hendrix oder Alvin Lee (Ten Years After) ausmachte.

Würde man es als Kurve auf einem Oszilloskop-Bildschirm darstellen, dann würde man sehen, dass die Signalspitzen mit steigender Leistung allmählich abgeflacht werden.

Nachrichtentechnisch gesprochen werden dem Signal bei Röhren zunehmend geradzahlige harmonische Obertöne hinzugefügt, das Signal wird also zunehmend weich begrenzt. Der Transistorverstärker dagegen arbeitet bis zu seiner Maximalleistung linear. Wird er übersteuert, setzt die Begrenzung ("Clipping") schlagartig ein und es treten plötzlich ungeradzahlige, harmonische Obertöne auf.

Der Höreindruck des verzerrten Röhrenverstärkers ist dichter, lauter, rauer, "fetziger" als bei nicht übersteuerter Einstellung. Dieser Klang ist in allen Sparten der Rockmusik äußerst wichtig und als typischer "E-Gitarren-Sound" nicht mehr wegzudenken (z.B.: Hard Rock, Heavy Metal).

Aufgrund der Dynamik von Röhren gilt folgende Faustregel: Gleiche Ausgangsleistung Röhre klingt doppelt so laut wie entsprechende Transistorleistung. Allerdings ist dabei zu beachten, dass die Lautstärke mit steigender Ausgangsleistung nur logarithmisch ansteigt. Ein 100 Watt Verstärker ist also nicht doppelt so laut wie ein 50 Watt Verstärker.

  • Vergleich zu 50 Watt:
    • 40 Watt ist 94% so laut wie 50 Watt
    • 25 Watt ist 81% so laut wie 50 Watt
    • 15 Watt ist 70% so laut wie 50 Watt
    • 5 Watt ist 50% so laut wie 50 Watt
    • 1 Watt ist 31% so laut wie 50 Watt

Die endgültig mit einem Verstärker zu erzielende Lautstärke ist noch von weiteren Faktoren abhängig. Ein entscheidender Faktor ist der Wirkungsgrad des angeschlossenen Lautsprechers und die Bauweise der Box. Eine Steigerung des Wirkungsgrades um 6 dB erzielt einen höheren Schalldruckpegel wie die Verdoppelung der Verstärkerleistung und kann darüber hinaus durch die Veränderung des Frequenzverlaufes die Dynamik und den Klangcharakter erheblich beeinflussen. Ein Lautsprecher mit 10 dB höherem Wirkungsgrad verdoppelt in etwa die wahrgenommene Lautstärke. Gitarrenlautsprecherboxen werden üblicherweise mit ihrer Eigenresonanz betrieben, d.h. sie werden nicht bedämpft. Ganz im Gegensatz zu HIFI-Boxen, welche dem Musiksignal möglichst keinen Eigenklang zumischen. Das Resonanzverhalten des mitschwingenden Resonanzkörpers, üblicherweise aus Holz, ist ein weiterer Grund für die höhere Lautstärke und den "warmen" Klang bei gleicher zugeführter Leistung, im Gegensatz zu passiven Verstärkerkombinationen.

Eine besondere Bauweise von kleinen Gitarrenverstärkern sind die sogenannten Single Ended Verstärker. Sie sind üblicherweise in Class A Technik aufgebaut. Das bedeutet das Endstufensignal wird durch nur eine Röhre erzeugt durch die in Ruhe der halbe Betriebsstrom fließt. (Positive Halbwelle -mehr Strom, negative Halbwelle -weniger Strom) Somit ist die Leistungsaufnahme immer gleich und sie werden ohne Nutzsignalabgabe heiß. Dadurch sind sie in der Leistung zwar begrenzt, zeichnen sich aber durch eine große klangliche Flexibilität aus. Außerdem schwören Gitarristen auf den ClassA-Ton aufgrund fehlender Übernahmeverzerrungen im Gegensatz zu ClassB-Verstärkern bei denen jeweils eine Röhre die positive und die negative Halbwelle des Musiksignals übernimmt. Die Endstufenröhre kann hierbei ohne großen Aufwand durch eine andere unterschiedliche Bauform gewechselt werden. Durch den Tausch einer 6L6 Endstufenröhre in eine 6V6, EL34, KT88 oder sogar EL84 ändert sich nicht nur die Leistung des Verstärkers sondern auch sein Klangverhalten erheblich. In der Regel müssen die Endstufenröhren noch nicht einmal neu eingemessen werden.

  • Beispiele:
    • Marshall JCM 800, Topteil 100 Watt (Box 4x12")
    • Mesa/Boogie Dual Rectifier 100 Watt (Box 4x12")
    • Fender Twin Reverb Combo 75 Watt
    • Vox AC30 Combo Class A
    • Orange Retro 50 Custom
    • Groove Tubes Soul-o Single Class A Single Ended, je nach Endstufenröhre 8-30 Watt

[Bearbeiten] Transistor

Bei Transistorverstärkern kommen maßgeblich Transistoren (z.B. MOSFET-Schaltungen) zur Verstärkung zum Einsatz.

  • Beispiel:

[Bearbeiten] Hybrid

Eine weitere Variante ist der Hybridverstärker. Seit den achtziger Jahren ist die Variante verbreitet, bei der in der Vorstufe Röhren eingesetzt werden, während die Leistungsstufe mit Transistoren betrieben wird.

Hybridverstärker können aber umgekehrt auch Transistorvor- und Röhrenendstufe vereinigen - wenn mehr Wert auf Endstufenklang gelegt wird. Diese Konstruktionsweise war vor allem in den siebziger Jahren populär.

  • Beispiele:
    • Die meisten Verstärker der Firma Music Man (natürlich vor der Übernahme durch Ernie Ball)
    • Manche Peavey-Verstärker, z.B. der 'Classic'-Serie

[Bearbeiten] Simulator

Die Firma Roland simulierte erstmals erfolgreich durch integrierte Rechnermodelle vollständige, durch Mikrofone akustisch abgenommene Gitarrenverstärker der verschiedensten Bauarten und Firmen. Die Firma Line 6 machte dieses Verfahren populär. Bei dieser Technik werden DSPs (Digitale Signalprozessoren) verwendet um über mathematische Modelle das Verhalten von Röhrenverstärkern nachzubilden. Sie werden auch als Modeling-Amps bezeichnet.

Heutzutage gibt es zahlreiche Gitarrenverstärker, die diese Methode der Klangerzeugung anwenden. Aufgrund der größeren Flexibilität und Klangvielfalt verdrängen dieser Verstärker mehr und mehr die klassischen Gitarrenverstärker. Bisher konnten Modeling-Amps auf der Bühne die klassischen Röhrenverstärkern noch nicht umfassend ablösen.

  • Beispiele:
    • Roland VGA-7
    • Line 6 Flextone
    • Behringer V-Ampire LX1200H

[Bearbeiten] Hersteller

Bekannte Hersteller von Gitarrenverstärkern bzw. Lautsprechern sind unter anderem (in alphabetischer Reihenfolge):

[Bearbeiten] Literatur

  • W. Teder: "Gitarrenverstärker in Transistortechnik", Aachen 1987, Elektor Verlag GmbH, ISBN 3-921608-52-X

[Bearbeiten] Siehe auch

Wikibooks: Gitarre – Lern- und Lehrmaterialien
Commons: Gitarrenverstärker – Bilder, Videos und/oder Audiodateien

[Bearbeiten] Weblinks

Andere Sprachen

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